Ein neues Autoimperium formiert sich in Wolfsburg. Damit wächst die Macht von Vorstandschef Martin Winterkorn, dem Gewinner eines monatelangen Dramas.

Hamburg. Martin Winterkorn ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Nachdem der VW-Chef in den vergangenen Monaten noch damit rechnen musste, mit seinem Milliardenkonzern unter das Dach des Mittelständlers Porsche zu schlüpfen, steht er nun als Gewinner in einem neuen Autoimperium da: Die Aufsichtsräte von VW und Porsche stimmten gestern einer Grundlagenvereinbarung über einen integrierten Autokonzern mit Porsche zu. Die Porsche-Gläubiger müssen dem Vorhaben noch zustimmen.

Nach den Plänen sollen im Laufe des Jahres 2011 beide Unternehmen unter dem Dach von VW verschmolzen werden. Und Winterkorn wird nicht nur seinen Job als VW-Vorstandschef behalten. Künftig soll der 62-Jährige auch an der Spitze der Porsche Holding stehen. Der Sportwagenbauer wird damit als zehnte Marke in den Volkswagen-Konzern integriert.

Der Sitz des Konzerns wird dauerhaft Wolfsburg sein, Stuttgart wird dagegen mit Porsche eine wichtige Konzernzentrale verlieren. Der neue Branchenriese soll dem Vernehmen nach auch weiterhin Volkswagen heißen und nicht, wie zwischenzeitlich spekuliert, "Auto-Union".

Mit diesen Weichenstellungen ist das Ringen um die Vorherrschaft in der neuen Autogruppe endgültig vorbei. Zum einen der jahrelange Kampf zwischen VW-Chefkontrolleur Ferdinand Piëch und dem früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der mit dem Aus für seine ehrgeizigen Pläne auch seinen Job verlor. Aber auch die Muskelspiele zwischen Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) und dem baden-württembergischen Amts- und Parteikollegen Günther Oettinger, der noch vor wenigen Tagen wetterte, das VW-Gesetz sei ein Verstoß gegen die Prinzipien der Marktwirtschaft. Denn Wulff hat in der gestrigen Sitzung auch erreicht, dass in der VW-Satzung die 20-prozentige Sperrminorität dauerhaft gesichert wird. Damit kann Niedersachsen wichtige, auch für Zehntausende VW-Arbeitsplätze entscheidende Weichenstellungen wie Werkschließungen nach wie vor verhindern.

Wulff begrüßte die Einigung als "gute Entscheidung für die Arbeitsplätze bei VW und Porsche und für Deutschland als Automobilland". Der neue Konzern führe den Mythos Porsche mit dem Potenzial von Volkswagen bei Technologie und Volumen zusammen. "Volkswagen fährt jetzt weltweit allen davon."

Hauptaktionär bleibt die Familie Porsche/Piëch, die zurzeit über die Porsche Holding SE rund 51 Prozent an Volkswagen hält. Die Vereinbarung sieht vor, dass VW eine Beteiligung von 42 Prozent an der Porsche AG übernimmt. Die Investmentfirma des Emirats Katar soll auf wahrscheinlich 17 Prozent kommen.

"Das Wichtigste ist jetzt eine klare Struktur mit einzelnen Marken, die durchaus miteinander rivalisieren können", sagt Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB zu den Herausforderungen für die neue Gruppe. Porsche müsse sich zwischen den Wettbewerbern Audi mit Konkurrenzmodellen wie dem A8 und den Supersportwagen von Lamborghini einordnen. Das fördere einen gesunden Wettbewerb, sagt Schwope dem Abendblatt.. Zwar wird Porsche die charismatische Persönlichkeit des Ex-Chefs Wendelin Wiedeking fehlen. Der bekennende Gegner von Subventionen und Quartalsberichten war in seiner Unangepasstheit immer auch ein Vorbild vieler Porsche-Kunden gewesen. Dem Mythos Porsche dürfte die Eingliederung bei VW wenig anhaben, ist Schwope überzeugt: Hat Ferrari unterm Dach von Fiat an Glanz verloren, und ist nicht Lamborghini als eine der VW-Marken sogar populärer geworden?

Allerdings drohen Volkswagen nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer bei der Eingliederung von Porsche wettbewerbsrechtliche Probleme. "Im Premiummarkt erreicht VW mit Porsche, dem Phaeton und den Konzernmarken Audi, Bentley, Lamborghini und Bugatti schon heute einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent", warnt Dudenhöffer. "Es ist möglich, dass die Wettbewerbshüter dabei eine marktbeherrschende Stellung und Vorteile für VW auch im Massenmarkt befürchten", sagte der Branchenexperte weiter.