0,3 Prozent plus. Forscher sprechen von “faustdicker Überraschung“. Guttenberg: “Noch ein weiter Weg.“

Hamburg. Damit hatte kaum ein Experte gerechnet: Die deutsche Wirtschaft befindet sich wieder auf Wachstumskurs. Im zweiten Quartal stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Damit wird zum ersten Mal seit Frühjahr 2008 wieder Wachstum registriert, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. Konjunkturforscher sprachen von einer "faustdicken Überraschung". Sie hatten einen weiteren Rückgang erwartet.

Die Zahlen sollten "uns ermutigen", sagte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). "Die Daten belegen, dass der stärkste Einbruch der Wirtschaftsleistung hinter uns liegen dürfte."

Europas größte Volkswirtschaft kommt damit früher als andere Industrieländer aus dem Tief. "Die schwerste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik ist überwunden", sagte Klaus Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Abendblatt. Angekurbelt wurde die Konjunktur vor allem vom Privatkonsum. "Die Bürger profitieren von hohen Lohnabschlüssen und einem stark gefallenen Ölpreis, der die Verbraucher um 20 Milliarden Euro entlastete", sagte Jörg Hinze vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Auch die Baubranche erhielt mehr Aufträge.

Für die zweite Jahreshälfte erwarten Ökonomen sogar noch höhere Wachstumsraten. Die Commerzbank prognostiziert Zuwächse von je 0,8 Prozent im dritten und vierten Quartal. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, die Krise sei längst noch nicht überwunden: "Wir haben die Talsohle erreicht und vielleicht das erste zarte Pflänzchen, dass es aufwärtsgeht."