Existenznöte, Zahlungsprobleme, Kreditsorgen: Der deutsche Mittelstand ächzt unter der Rezession. Neue Studien zeichnen ungeachtet erster Signale für eine Konjunkturbelebung ein pessimistisches Bild der kleinen und mittleren Unternehmen, die als Rückgrat der Wirtschaft gelten.

Berlin. "Die derzeitige Lage ist düster", sagte der Mittelstandsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Marc Evers. "Das zwischenzeitlich synchrone Wegbrechen fast aller wichtigen Auslandsmärkte macht sich jetzt ganz stark bemerkbar."

Jeder siebte Mittelständler sieht sich bei anhaltender Wirtschaftsflaute in seiner Existenz bedroht, heißt es in einer repräsentativen Umfrage der Unternehmensberatung Ernst & Young unter 700 Firmen. Bei 15 Prozent der Betriebe würde eine sechsmonatige Fortdauer der Krise existenzielle Probleme nach sich ziehen.

"Die Unternehmen stemmen sich mit drastischen Kostensenkungen, Kurzarbeit und häufig sogar mit Einsatz ihres Privatvermögens gegen die Krise", sagte Peter Englisch, Partner bei Ernst & Young. "Aber die Zeit wird knapp: Bei immer mehr Mittelständlern droht bald das Geld auszugehen." 37 Prozent klagen über Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Bankkrediten.

Wie ernst die Lage ist, zeigt auch eine Untersuchung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Immer mehr mittelständische Unternehmen können demnach ihre Rechnungen nicht mehr pünktlich begleichen. "Die Folgen der anhaltenden Krise sind an den stark gestiegenen Zahlungsverzögerungen zu beobachten", hieß es. Im zweiten Quartal seien überfällige Rechnungen im Schnitt erst nach 14,47 Tagen beglichen worden. Am Jahresanfang habe es nur 13,41 Tage gedauert.

Auch das Insolvenzrisiko nimmt zu: Statistisch seien von 10 000 Unternehmen 227 entweder schon zahlungsunfähig oder akut von der Pleite bedroht. Vor einem Jahr seien es lediglich 213 gewesen. "Länge und Tiefe des Abschwungs strapazieren die Stabilität des Unternehmenssektors stark", hieß es bei Creditreform. Die Rezession habe in den ersten sechs Monaten 16 650 Firmen in die Pleite getrieben - das seien 14 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Für das Gesamtjahr 2009 werden bis zu 35 000 Insolvenzen erwartet. Arcandor, Qimonda oder Hertie mussten bereits den Gang zum Insolvenzrichter antreten.