Die Branche schrumpft: Verleihkosten verteuern sich um zehn Prozent. Gut 25 000 Mietwagen weniger fahren auf Deutschlands Straßen.

Hamburg. Gut 25 000 Mietautos weniger auf den Straßen in Deutschland und auch schon die ersten Pleiten von Firmen: Die Mietwagenbranche leidet unter der Wirtschaftskrise. Nicht nur dass Firmen und Privatkunden derzeit jeden Euro doppelt umdrehen, auch die Kosten für den traditionell nach wenigen Monaten zu erneuernden Fuhrpark nehmen zu. Denn die Verleiher finanzieren ihre Wagen oft über Bankkredite. Und deren Zinsen sind in jüngster Vergangenheit gestiegen, wie Michael Brabec, Geschäftsführer des Bundesverbands der Autovermieter, dem Abendblatt sagte.

Die Branche in Deutschland hat schnell reagiert und ihren Fuhrpark bereits nach dem Absacken des Marktes im vierten Quartal 2008 der gesunkenen Nachfrage angepasst, indem sie weniger Neuwagen bestellte. Deswegen rollen laut Brabec derzeit rund zehn Prozent weniger Mietwagen auf Deutschlands Straßen als vor Jahresfrist.

Anders als in Spanien, Portugal oder Kroatien, wo Urlauber plötzlich ohne Vorbestellung keine Leihwagen mehr bekommen, weil lokale Anbieter Pleite gingen, werden die Autos hierzulande zwar nicht knapp - aber sie werden teurer. Im Schnitt peilt die Branche laut Roland Keppler, Chef des Hamburger Autovermieters Europcar, eine Preiserhöhung von zehn Prozent an. "Über Jahre litt die Branche unter einem ungesunden Preisverfall", begründet Keppler gegenüber dem Abendblatt die Anstrengungen der Vermieter.

Die Firmen hätten zu lange auf ein hohes Absatzvolumen gesetzt, was zulasten der Vermiettarife ging. "Wir müssen in Zukunft unsere Autos werthaltiger vermarkten." Europcar hat seinen Fuhrpark gegenüber Jahresfrist von 42 000 auf 37 000 Fahrzeuge verringert und konnte bereits einige Verteuerungen am Markt durchsetzen. Ein VW Golf kostet bei dem Vermieter heute 109 Euro am Tag, vor zwölf Monaten waren es noch 99 Euro.

"Die Kosten für den Fuhrpark sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, jetzt müssen die Preise angepasst werden", sagt auch Frank Elsner, Sprecher von Sixt. Der deutsche Branchenprimus hat die Tarife für Privatkunden schon erhöht und peilt bei Geschäftskunden ein Plus von bis zu zehn Prozent an.

Die Krise könnte für die Branche zum vorläufigen Höhepunkt eines schon seit Jahren anhaltenden Schrumpfkurses werden. Laut Brabec gab es vor zehn Jahren noch rund 800 Anbieter in Deutschland, heute sind es gerade mal 500. Vor allem kleinere Vermieter leiden neben der Wirtschaftsflaute auch darunter, dass der deutsche Gebrauchtwagenmarkt zusammengebrochen ist. Denn viele Autokäufer haben sich wegen der Abwrackprämie zuletzt lieber einen Neuwagen gekauft statt eines Gebrauchten. Dadurch sind die Restwerte gesunken, also die Preise, die der Vermieter erhält, wenn er einen Wagen an den Hersteller zurückgibt.

Aber nicht nur mittelständische Firmen, auch große Namen sind bereits von den Folgen betroffen. Mit Budget musste im Mai sogar Deutschlands fünftgrößter Autovermieter wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden. "Es gibt weitere Unternehmen in schwierigen Situationen", sagte Brabec, ohne Namen zu nennen. Auch Europcar-Chef Keppler erwartet, dass sich der Markt bereinigt. "Das Volumen wird sich auf die großen vier Anbieter konzentrieren", sagte er.

Europcar selbst sieht Keppler nicht gefährdet. Die Marke sei stark, die Verträge mit den Herstellern wurden langfristig ausgehandelt und seien nicht kurzfristigen Schwankungen ausgesetzt. Keppler, ehemaliger Chef der TUI-Flugreisentochter TUI Fly, führt das Unternehmen, das 1500 Mitarbeiter beschäftigt und seine Deutschlandzentrale in Hamburg hat, seit fünf Monaten. Seine Ziele: das Marketing, also die Werbung nach dem Motto "mehr Spaß am Fahren" modernisieren, noch mehr Kundenorientierung schaffen sowie die Ertragssteuerung besser planen.

Keppler will die unterschiedlichen Abteilungen des Unternehmens, das im vergangenen Jahr 568 Millionen Euro umsetzte, enger miteinander verbinden und auch die deutsche Europcar stärker mit den anderen Ländergesellschaften des Vermieters und der Konzernzentrale in Paris besser verzahnen.

"Ich bin ganz neu im Geschäft. Ein Blick von außen kann manchmal Dinge anders sehen lassen", sagt der Chef zum Abendblatt. Einen Zukunftswunsch hat er noch: "Ich würde gern zehn Elektroautos in unsere Flotte aufnehmen, um sie zu testen. Denn Klimaschutz spielt in unserer Branche eine große Rolle. Unsere Kunden erwarten von uns dahin gehende Initiativen."

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