Abendblatt-Gespräch mit dem neuen Deutschland-Chef Andreas Wente: Konzern setzt auf neue Leuchtdioden und Lichtsysteme. 80 Arbeitsplätze werden nach Hamburg verlagert.

Hamburg. Der Blick vom 14. Stock ist atemberaubend. Binnen- und Außenalster liegen Andreas Wente zu Füßen, und am Horizont sind die Containerbrücken im Hafen zu sehen. Seit dem 1. Juni ist der Elektrotechnikingenieur neuer Chef des Philips-Konzerns für Deutschland, Österreich und die Schweiz und damit Nachfolger von Hans-Joachim Kamp.

Ein Wechsel mitten in der Krise, die auch in Hamburg Arbeitsplätze gekostet hat. Bundesweit mussten seit November 350 Mitarbeiter gehen, davon 200 in der Medizintechnik und im Vertrieb in Hamburg. Doch das war vor seiner Zeit. "Jetzt", sagt Wente, "läuft das Geschäft gerade in Deutschland relativ gut, weil es von den Konsumenten gestützt wird." Kurzarbeit bei Philips steht derzeit nicht mehr an, und nach einem Umsatz von 3,5 Milliarden Euro 2008 lag der Rückgang im ersten Halbjahr noch im einstelligen Prozentbereich.

Zwar ist der Konzern vor allem beim Export in der Medizintechnik und bei den Lampen für die Automobilindustrie von der Krise betroffen. Doch bei den Lampen soll jetzt eine ähnlich innovative Entwicklung einsetzen wie der Sprung von der Schallplatte über die CD bis hin zum MP3-Player. Dafür hat der Konzern seit 2003/2004 allein vier Milliarden Euro investiert und in den USA und Europa Firmen für Leuchtdioden (LED), Lampen oder die Beleuchtung von Rathäusern und Märkten gekauft. "Dahinter steht der Gedanke, ganz neue Lichtsysteme einzuführen", sagt Wente. Gesteuert hat er die Einkaufstour als weltweiter Chef für das Philips-Lampengeschäft von Eindhoven aus, kurz bevor er wieder nach Hamburg wechselte.

Begonnen hatte der Manager 1983 im Hamburger Forschungslaboratorium von Philips. Zehn Jahre später ging er zum ersten Mal als Vertriebschef für Halbleiterchips nach Taiwan. "Meine Frau Martine und ich sind damals mit dem Kompass durch die Vier-Millionen-Stadt Taipeh gefahren, weil es keine englisch beschrifteten Straßenkarten gab", erinnert sich der gebürtige Hamburger. Dafür erlebte er mit, wie sich die Insel mit damals 16 bis 17 Millionen Einwohnern zu einem Riesen in der IT-Technologie und zum Weltmarktführer beim Bau von PC, Monitoren und Notebooks entwickelte.

Von 1996 bis 1999 zurück in Hamburg wechselte die Familie ein zweites Mal nach Taipeh. Dieses Mal unterstellte Philips Wente die weltweiten PC-Monitoraktivitäten. "Der zweite Sprung nach Asien war für uns deutlich einfacher, weil viel mehr Menschen Englisch sprachen und im Land ein demokratischer Umbruch eingesetzt hatte", sagt Wente. Seine Asien-Erfahrungen rundete er schließlich mit fünf Jahren in Hongkong mit der Gesamtverantwortung für Asien ab.

Bilanz für seine beiden Söhne Charles und Marc: sechs verschiedene Schulen bis zum Abitur und neben Deutsch und Französisch, der Muttersprache von Martine Wente, auch Chinesisch und so gut Englisch, dass das Studium in Boston für beide keine Probleme bereitete.

"Ich habe vor allem von der Arbeitsweise der Asiaten gelernt", sagt Wente. "Sie stecken sich hohe Ziele, planen aber nicht für Monate und Jahre im Voraus, sondern passen ihre Vorgehensweise immer wieder an. Immer bereit schnell umzusetzen, was sich umsetzen lässt."

Ganz schnell jedoch wird es mit dem Wechsel von der 100 Jahre alten Glühbirne zu energiesparenden Leuchten nicht gehen. Schließlich hat die EU Übergangszeiten bis 2012 vorgesehen. Zudem löste das nahende Aus für 100-Watt-Birnen zuletzt sogar Hamsterkäufe aus. "Dabei gibt es bereits Energiesparlampen als Alternative, die 20 bis 30 Kilogramm an CO2 pro Jahr sparen", sagt Wente. Folge ihres um 30 bis 80 Prozent geringeren Verbrauchs von Energie, die die Kraftwerke nicht mehr erzeugen müssen.

Zwar sind Energiesparlampen noch deutlich teurer als Glühbirnen. Bei einem Sparpotenzial von zehn bis zwölf Euro pro Jahr hätte sich aber der höhere Preis in zwei bis drei Jahren amortisiert, rechnet der Philips-Chef vor. Schon nach der Sommerpause sollen nun neue LED-Leuchten für den Dauerbetrieb in Hotels für rund 40 Euro auf den Markt kommen. "Die Technologie kann aber auch für den Hausgebrauch genutzt werden." LED-Lampen sollen dabei künftig eine Lebensdauer von bis zu 15 Jahren haben und werden kein Quecksilber enthalten. "Wir gehen davon aus, dass sich die neuen Modelle vor 2012 durchsetzen, zumal viele Menschen etwas gegen die durch den CO2-Ausstoß verursachte Erderwärmung tun wollen."

Auch in der Hamburger Philips-Zentrale tut sich etwas. So wechseln zum 1. Oktober die 80 Mitarbeiter des Innendienstes für das Geschäft mit Straßenlaternen von Springe bei Hannover in die Hansestadt. Damit werden Auftragsabwicklung, Bestellungen und Kundenservice für das Lichtgeschäft gebündelt und der Standort gestärkt. In den beiden Türmen am Lübeckertordamm arbeiten dann rund 1000 Beschäftigte - unter dem neuen Chef. Der freut sich, wieder mal zurück in seiner Heimatstadt zu sein, zumal ihm als Experten die Beleuchtung des Jungfernstiegs oder der Speicherstadt gefällt. "Da hat sich viel getan." Wie lange er dieses Mal bleiben wird? "Ich habe hier für die nächsten Jahre eine Aufgabe", sagt Wente - zudem eine "sehr reizvolle".