Die Gemeinschaftswährung legte seit Februar um 15 Prozent zu. Günstigere Importpreise lindern aber Folgen für die Industrie.

Hamburg. Nachdem erste Signale auf eine leichte Erholung der deutschen Wirtschaft hindeuten, steht bereits eine neue Belastungsprobe ins Haus: Ein wieder erstarkter Euro macht den Exporteuren das Leben schwer. Seit Ende Februar hat der Euro zum Dollar um rund 15 Prozent zugelegt. Gestern setzte die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs auf 1,4410 Dollar (Vortag 1,4384 Dollar) fest. "1,44 Dollar ist eine kritische Marke. Wenn sie schnell überwunden wird, kann der Euro noch auf 1,49 Euro steigen", sagt Jochen Intelmann von der Hamburger Sparkasse (Haspa). Das Bankhaus Metzler rechnet noch im Sommer mit Kursen von 1,55 Dollar. Damit läge der Euro nur noch knapp unter dem 2008 erreichten Rekordhoch von 1,60 Dollar. Eine solche Entwicklung würde den Exporteuren schwer zusetzen. Denn ein hoher Euro-Kurs verteuert deutsche Produkte in anderen Währungsräumen.

"Das ist eine Entwicklung, die wir jetzt nicht gebrauchen können", sagt Olaf Wortmann vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist besorgt. "Gerade in Krisenzeiten achten die Kunden mehr denn je auf den Preis", sagt Alexandra Böhne vom DIHK. Die Exporteure hatten in den vergangenen Monaten wegen der Rezession bei wichtigen Handelspartnern wie den USA und Großbritannien mit den schwersten Einbrüchen der Nachkriegszeit zu kämpfen. Zuletzt zogen die Ausfuhren wegen der weltweit aufgelegten Konjunkturprogramme wieder leicht an.

Die Schwäche des Dollars, die auf der anderen Seite zu einem starken Euro führt, hat mehrere Ursachen. Im Krisenwinter parkten die Investoren ihre Gelder in Dollar-Anlagen, der immer noch als die wichtigste Reservewährung gilt. Zusätzlich holten viele US-Sparer ihr Geld nach Hause. Jetzt werden die Dollar-Positionen wieder abgebaut, um renditestärkere Anlagen in den Schwellenländern zu erwerben. "Andere Anleger sehen das hohe Haushaltsdefizit von 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts kritisch und flüchten aus der Währung", sagt Intelmann. "Es gibt außerdem Sorgen, dass die extrem expansive Geldpolitik der amerikanischen Notenbank mittelfristig zu deutlich höheren Inflationsraten führt", sagt Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank.

Pessimisten fürchten sogar, dass es durch die hohen Budgetdefizite mittelfristig zu einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA kommen könnte. Hinzu kommen Spekulationen, dass China seine Währungsreserven von zwei Billionen Dollar verringern könnte, weil das Land den Status des Dollars als Weltreservewährung anzweifelt und einen Wertverlust seiner Währungsreserven befürchtet. Alle Faktoren zusammen könnten die Schwäche des Dollars und damit den Höhenflug des Euro verstärken.

Doch die Experten erwarten nicht, dass alle diese potenziellen Gefahren jetzt zum Tragen kommen. So hält Leuchtmann viele dieser Faktoren für überbewertet. "Die Staatsfinanzen in den USA sind eher besser als in Japan und im Euro-Raum", sagt Leuchtmann. "Die Staatsfinanzen Italiens geben sicherlich wesentlich mehr Grund zur Sorge als die der USA." Er erwartet, dass die Zeit für eine Erholung des Greenbacks reif ist.

Auch Intelmann erwartet, dass die USA im dritten Quartal wieder ein positives Wachstum erreichen. "Das wird den Dollar stabilisieren und wir lassen unsere Prognose bei 1,40 Dollar." Die Deutsche Bank erwartet gar zum Jahresende einen Kurs von 1,20 Dollar je Euro, weil der Konjunkturausblick in den USA deutlich besser als im Euro-Raum oder in Japan ist.

"Was wir jetzt erleben, ist noch keine dramatische Entwicklung für die Unternehmen", sagt Joachim Scheide, Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. "Das wird die Konjunktur nicht zusätzlich kaputt machen." Auch der Bundesverband Groß- und Außenhandel (BGA) gibt Entwarnung: Der Dollar-Effekt werde überschätzt, sagt Geschäftsführer Jens Nagel und verweist auf Entlastungen für die Unternehmen durch einen schwachen Dollar. So werden Grundstoffe und Energieträger, die in Dollar abgerechnet werden, günstiger. "Außerdem sichern sich die Unternehmen gegen Währungsschwankungen ab", sagt Nagel. Die Währungsentwicklung sei nicht überraschend gekommen. Anfang März notierte der Euro noch bei 1,25 Dollar. Wichtiger als der Euro-Dollar-Kurs sei die wirtschaftliche Lage von Deutschlands Abnahmeländern, sagt Intelmann.