Die seit Sommer des vergangenen Jahres stark gefallenen Preise für Energie und Nahrungsmittel haben die Lebenshaltungskosten in Deutschland verbilligt. Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahrzehnten sind die Verbraucherpreise in Deutschland gesunken.

Wiesbaden. Nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes fielen die Verbraucherpreise im Juli um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Eine solche Entwicklung gab es zuletzt im März 1987. Damals gaben die Preise im Jahresvergleich um 0,3 Prozent nach. Eine negative Preisentwicklung führt dazu, dass das Leben billiger wird, könnte aber auch ein Indiz für eine Deflation, also ein längerer Preisrückgang auf breiter Front sein. Eine solche Entwicklung würde die Wirtschaftskrise verschärfen, weil damit auch eine Senkung der Einkommen einhergehen würde. Doch die Experten geben Entwarnung.

"Sinkende Preise werden wir nur über zwei bis drei Monate registrieren", sagt Henning Vöpel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). "Vom starken Preisrückgang sind nur die Bereiche Energie und Nahrungsmittel betroffen." So kostete Heizöl bis zu 46,3 Prozent und Kraftstoffe bis zu 20,7 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Lebensmittel waren um bis zu 3,3 Prozent günstiger zu haben. Das ergibt sich aus den vorläufigen Preisdaten des Statistischen Bundesamtes aus sechs Bundesländern.

Diese starken Preisrückgänge als Folge der Finanzkrise haben dazu geführt, dass sich im Durchschnitt der gesamte Warenkorb verbilligt hat. "Für eine Deflation müssten die Preise und die Löhne auf breiter Front fallen", sagt Carsten Klude von der Hamburger Bank M.M.Warburg. "Das ist nicht zu erwarten. Die Befürchtungen der Anleger vor einer Deflation sind genauso übertrieben wie die Angst vor einer Inflation." Für August und September erwarten die Experten ebenfalls negative Teuerungsraten. Das HWWI rechnet für dieses Jahr mit einer Teuerungsrate von 0,1 Prozent. 2010 sollen die Preise dann wieder um 0,7 Prozent steigen. Klude: "Auch für 2011 rechnen wir mit einer sehr geringen Inflation."

Dank niedriger Inflation spüren die Deutschen ihre Lohnerhöhungen auch wieder im Geldbeutel. Die Tarifverdienste lagen hierzulande im April im Schnitt um 2,8 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Die Verbraucherpreise stiegen in dieser Zeit nur um 0,7 Prozent. In den vergangenen Jahren waren Lohnerhöhungen oft von der Inflation aufgefressen worden.