Applaus brandet auf und will gar nicht enden, als Wendelin Wiedeking um 13.15 Uhr vor das Mikrofon tritt. Die Mitarbeiter haben sich zu Tausenden vor die Rednerbühne am Werk Zuffenhausen versammelt, der Regen prasselt auf den Asphalt, ihr Chef hat Tränen in den Augen.

Hamburg. Zum letzten Mal spricht der Manager, der 26 Jahre bei Porsche verbracht hat, zu den Beschäftigten. "Ich habe am Wochenende mit mir die Entscheidung getroffen, dass es aufhören muss mit den permanenten Angriffen auf Porsche. Ihr habt das nicht verdient", begründet Wiedeking seinen Abgang. "Es tut mir in der Seele weh."

Wolfgang Porsche, Miteigentümer der Traditionsfirma, legt dem 56-Jährigen zum Abschied die Hand auf die Schulter, eine versöhnliche Geste, denn der Aufsichtsratschef hatte Wiedeking fallen lassen müssen: Nur wenn der ehemalige Automanager des Jahres und sein Finanzchef Holger Härter die Kommandobrücke verlassen, wollte VW helfen, die Milliardenschulden des Sportwagenbauers abzubauen. Wiedeking, der 1993 an die Spitze von Porsche rückte, habe die Firma aus der Not in Höhen geführt, die niemand für möglich gehalten habe, sagt der Sohn des Firmengründers Ferry Porsche. Immerhin hatte der Westfale Wiedeking das Unternehmen vor dem Untergang gerettet und zwischenzeitlich zum rentabelsten Autobauer der Welt gemacht.

"Porsche hat dir unglaublich viel zu verdanken", lobt auch Wiedekings Nachfolger, der bisherige Produktionsvorstand Michael Macht. Und ein aufgewühlter Betriebsratschef Uwe Hück klagt, er sei noch immer "sehr betroffen", wie mit dem Menschen Wiedeking in der Öffentlichkeit umgegangen worden sei. Dieser sei geradezu "hingerichtet" worden, brüllt Hück ins Mikrofon. Nun werde man Wiedeking und Härter einen "intergalaktischen Abschied" bereiten. Bei den Beschäftigten galt Wiedeking stets als fairer Chef, der sie in guten Zeiten mit mehreren Tausend Euro Erfolgsbeteiligung im Jahr belohnte. Sie rufen immer wieder "Wendelin" und ringen um Fassung, aber nicht nur die Emotionen der Beschäftigten versüßen Wiedeking an diesem Donnerstag den Abschied.

Es wird auch viel Geld fließen: Der promovierte Maschinenbauer bekommt eine Abfindung von 50 Millionen Euro, Härter geht mit 12,5 Millionen. Wiedeking will fast 30 Millionen davon spenden. Ein Teil der Summe soll an Journalisten gehen. Sie waren dem Manager wegen seiner schlagzeilenträchtigen Persönlichkeit zunächst wohlgesonnen, viele hatten sich zuletzt aber auf das Schreiben von vorgezogenen Nachrufen verlegt. Mit 1,5 Millionen Euro will Wiedeking im Alter Not leidende Journalisten unterstützen (siehe Erklärung rechts).

Dazu wählte er ausgerechnet die Regionen Deutschlands aus, in denen der Showdown zwischen Porsche und VW eine besondere Rolle spielte: Wiedeking spendet je 500 000 Euro an Journalisten-Vereine in Baden-Württemberg, Niedersachen und Hamburg. Karsten Lüchow, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Stiftung, mit der Wiedeking wohl nicht zufällig die Heimat von "Spiegel", "Stern" und "manager magazin" ausgewählt hat, ist beglückt über die "überraschende" Spende: Sie sei die bisher höchste Einzelzuwendung, sagte Lüchow.

Fast gönnerhaft klingt es schließlich, dass selbst der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der im Kraftfeld Niedersachsen/Stuttgart schärfste Widersacher Wiedekings, noch positive Worte für seinen Kontrahenten findet: Wiedeking habe "bei dem Versuch, Volkswagen zu übernehmen, die richtige industrielle Logik erkannt." Er könne sich insofern auch als "Vater des künftigen integrierten Automobilkonzerns sehen", sagt der CDU-Politiker. Er wird bei diesen Worten genau bedacht haben, dass sich dafür jetzt ein anderer Auto-Patriarch die Lorbeeren anstecken kann: VW-Aufsichtsratschef und Porsche-Miteigner Ferdinand Piëch.