US-Finanzinvestor und Chinesen wollen mit Betriebsrat reden. Branchenexperte sieht Chancen für Favoriten Magna bei unter 50 Prozent. Kauft GM deutsche Tochter zurück?

Hamburg. Für den österreichisch-kanadischen Automobilzulieferer Magna und seine russischen Partner ist das Rennen um Opel noch keineswegs gelaufen. So haben der US-Finanzinvestor Ripplewood und der chinesische Autobauer BAIC ihre Angebote zuletzt nachgebessert, wie es in Branchenkreisen heißt. Ripplewood will der Bundesregierung heute offenbar die neue Offerte präsentieren. Zudem wollen die beiden Bieter laut "Bild" Gespräche mit dem Opel-Betriebsrat aufnehmen. Dabei gehe es insbesondere der in Brüssel ansässigen Ripplewood-Tochter RHJ International (RHJI) darum, Vorbehalte in der Belegschaft abzubauen.

Tatsächlich glaubt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer, dass der Bieterwettstreit um Opel wieder offen ist: "Ich halte die Wahrscheinlichkeit, dass ein anderer als Magna zum Zuge kommt, für größer als 50 Prozent", sagte der Direktor des Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen dem Abendblatt. Die jüngste Verzögerung im Verkaufsprozess deute darauf hin, dass RHJI eine ernst zu nehmende Chance habe. Ursprünglich hatte Magna schon heute einen Vorvertrag vorlegen wollen, der Termin war aber verschoben worden.

Noch gibt man sich im Magna-Lager indes gelassen. "Der Verhandlungsprozess ist noch nicht beendet, fast jeden Tag gibt es Neuigkeiten", sagte gestern ein Sprecher der russischen Sberbank. Sie will gemeinsam mit dem ebenfalls russischen Autobauer GAZ und Magna eine Mehrheit an Opel erwerben. Man sehe sich dabei nicht unter Zeitdruck. Der Chef der staatlichen Bank hatte kürzlich gesagt, er rechne mit einer Einigung nicht vor September.

Doch aus Sicht von General Motors (GM) hat sich die Interessenlage zuletzt verändert. "GM hat das Insolvenzverfahren schneller wieder verlassen, als man das wohl selbst erwartet hat", so Dudenhöffer. "Das ist perfekt gelaufen. Nun wird man sich in Detroit Gedanken machen, ob GM wirklich auf Dauer praktisch nur mit einer Minderheitsbeteiligung an Opel auf den Märkten in Europa und in Osteuropa präsent sein will." Aus diesem Grund sei die Abgabe des Rüsselsheimer Unternehmens an einen Finanzinvestor wie Ripplewood, von dem man Opel nach einigen Jahren und nach erfolgter Sanierung zurückkaufen könnte, jetzt eine verlockende Perspektive für GM. Heute wollen RHJI-Manager im Bundeswirtschaftsministerium ihr aktuelles Konzept vorstellen, wie aus Verhandlungskreisen verlautete.

Allerdings hätte RHJI einige Widerstände zu überwinden. So bezeichnete der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) die Offerte der belgischen Gesellschaft als "Störfeuer". Er sehe darin "kein Angebot, das schlüssig ist", sagte Beck zu Reuters-TV. Ähnlich äußerte sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU): "Wir haben aus guten Gründen in einem Bieterverfahren Magna die Stellung eines privilegierten Bieters in den Gesprächen mit der US-Regierung und General Motors eingeräumt. Daran hat sich bis jetzt nichts geändert." Alle vier Bundesländer mit Opel-Werken favorisieren Magna - ebenso wie der Betriebsrat. In einem Flugblatt an die Mitarbeiter des Standorts Rüsselsheim warfen die Arbeitnehmervertreter dem Finanzinvestor vor, im Interesse von GM zu handeln. "Mit einer Entscheidung für RHJ könnte GM das Ziel realisieren, alles beim Alten zu lassen", heißt es in dem Schreiben. "Mit diesem 'Weiter so' wird das Unternehmen endgültig scheitern." Hinter dieser Meinung steht das Misstrauen, GM wolle Opel keine Möglichkeit geben, künftig eigenständig Fahrzeuge zu entwickeln. Daher kommt für den Betriebsrat nur ein Käufer aus der Automobilbranche infrage.

"Als industrieller Partner wäre Magna die erste Wahl", ist Dudenhöffer überzeugt, schon weil Opel damit Zugang zum russischen Markt erhalte. Für Fiat oder BAIC spreche dagegen wenig. So könne GM kaum ein Interesse daran haben, dass ein Konkurrent wie Fiat bald auch in den USA mit Opel-Autos gegen den heimischen Branchenriesen antrete. Auch bei BAIC sieht Dudenhöffer kein tragfähiges Konzept: "Das ist ein kleines Unternehmen, das zwar Fahrzeuge in Lizenz produziert, aber keine eigene Kompetenz im Automobilbau hat, und das vor allem an der modernen Technologie von Opel interessiert sein dürfte."