Die Düsseldorfer Versicherungsgruppe Ergo will in Hamburg 180 Arbeitsplätze abbauen. Betroffen sind Beschäftigte der Konzerntöchter Hamburg-Mannheimer, Victoria und Itergo.

Hamburg. Man habe sich mit dem Betriebsrat auf "umfangreiche sozialverträgliche Regelungen" geeinigt, bis zum 15. August 2009 sollen die Details feststehen. Das Abendblatt sprach mit Daniel von Borries, Ergo-Vorstandsmitglied und Chef der Hamburg-Mannheimer.

Abendblatt:

Der Ergo-Vorstand will insgesamt 1800 Stellen bis Ende 2010 streichen. Was kommt auf den Standort Hamburg zu?

Daniel von Borries:

Nach bisherigem Stand soll sich die Zahl der Vollzeitstellen am Standort Hamburg von derzeit 2400 auf 2220 Ende 2010 reduzieren.

Abendblatt:

Seit November 2008 steht fest, dass die Ergo-Guppe 1800 Stellen abbauen will. Warum dauert es so lange, bis die konkreten Auswirkungen auf die einzelnen Standorte klar sind?

von Borries:

Die Ergo ist ein vergleichsweise komplex aufgestelltes Unternehmen mit allein sechs Hauptstandorten in Deutschland. Das bedeutet, dass auch ein solches Prozessoptimierungsprogramm sehr komplex ist. Betroffen sind nicht nur Innendienst-Stellen an den Hauptstandorten, sondern auch in der Fläche.

Abendblatt:

Wo rangiert die Hamburg-Mannheimer mit ihrer Verwaltungskostenquote im Marktvergleich?

von Borries:

Sie liegt mit ihren Kosten etwas über dem Durchschnitt. Das hat seinen Grund nicht zuletzt darin, dass dieses Unternehmen sehr viele Verträge mit relativ kleinen Beiträgen im Bestand hat. Schließlich besteht unser Geschäftsmodell gerade darin, auch die Durchschnittsbürger zu erreichen. Aber die Kostenquoten sind wichtig, weil sie direkte Auswirkungen auf die garantierten Leistungen aus den Versicherungen und auf die Gewinnbeteiligungen haben. Und je niedriger das Zinsniveau insgesamt ist, umso wichtiger werden die Kosten.

Abendblatt:

Wie ist vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise das Geschäft 2009 bisher gelaufen?

von Borries:

Wir haben einen Boom bei den Einmalbeiträgen erlebt. Dabei fließen uns vermutlich Gelder zu, die die Kunden aus anderen risikobehafteten Einlagen abziehen. Das zeigt, dass die Menschen das Vertrauen in die Lebensversicherung bewahrt haben. Auf der anderen Seite gab es Rückgänge bei neuen Verträgen mit laufenden Beiträgen. Für mich ist es nachvollziehbar, dass die Bürger angesichts der aktuellen Unsicherheit nicht so gern langfristige finanzielle Verpflichtungen eingehen wollen. Unter dem Strich hatten wir einen klaren Zuwachs im Neugeschäft, wenn man die planmäßige Anhebung der Riester-Beiträge im Vorjahreszeitraum herausrechnet. Da wir mit mehr als 870 000 Verträgen zu den Marktführern bei den Riester-Renten gehören, konnten wir diesen Effekt nicht ausgleichen. Vor dem Hintergrund der Umstände sind wir mit dem Halbjahr aber zufrieden.

Abendblatt:

Haben Sie nicht Wettbewerbsnachteile dadurch, dass Ihre Überschussbeteiligung für 2009 gesenkt wurde und unter dem Marktschnitt liegt?

von Borries:

Wir haben die Gewinnbeteiligung leicht reduziert, weil dies für uns Ausdruck einer verantwortungsvollen, langfristigen Unternehmenspolitik ist. Mir stellt sich eher die Frage, warum andere nicht ebenfalls gesenkt haben. Schließlich spielt es für den Kunden nahezu keine Rolle, wenn er in einem Jahr 0,1 oder 0,2 Prozentpunkte weniger gutgeschrieben erhält. Für unsere Sicherheitskennzahlen macht das aber schon einen Unterschied -und Sicherheit ist das höchste Gut unserer Branche. Ich denke, wir Lebensversicherer müssen wieder lernen, unser Produkt mehr über die Sicherheit und die Garantien zu verkaufen. Denn wir sind es, die dem Kunden das Risiko eines Verlustes abnehmen.

Abendblatt:

Aber laufen Sie so nicht Gefahr, bei Renditevergleichen weiter abzurutschen?

Von Borries:

Verbraucherschützer messen der Überschussbeteiligung zu hohe Bedeutung bei. Wenn die Verbraucherzentrale Hamburg ein Ampelsystem für die Einstufung von Geldanlageformen benutzt, ist das aus meiner Sicht fahrlässig. Altersvorsorge ist etwas kompliziertes und vor allem etwas sehr individuelles. Die Auswahl der richtigen Produkte erfordert eine ausführliche und individuelle Beratung.

Abendblatt:

Besteht die Gefahr, dass der Garantiezins nicht mehr erwirtschaftet werden kann?

von Borries:

Wenn die Zinslandschaft so bleibt, wie sie ist, dann werden die Überschussbeteiligungen in den nächsten Jahren sinken. Bei den Lebensversicherern der Ergo-Gruppe liegt der Garantiezins im Schnitt aller laufenden Verträge bei 3,4 bis 3,5 Prozent. Mithilfe von strategischen Zinssicherungsgeschäften können wir aber selbst ein lang anhaltendes Niedrigzinsszenario - wir nennen das ein Japan-Szenario - aushalten. Dazu stellen wir immer wieder Modellrechnungen an.