Nach drei Urteilen zugunsten der Anleger mit inzwischen wertlosen Lehman-Zertifikaten hoffen viele Geschädigte auf Schadenersatz - das Oberlandesgericht könnte aber dazwischen kommen.

Hamburg. Nach drei Urteilen zugunsten der Anleger mit inzwischen wertlosen Zertifikaten der US-Investmentbank Lehman Brothers in Hamburg und Potsdam hoffen viele Anleger auf Schadenersatz. Die Verbraucherzentrale Hamburg rät sogar zu verstärkten Klagen der Betroffenen. "Mit Blick auf die Hamburger Urteile können wir von einer gefestigten Rechtsprechung ausgehen, da sich die Entscheidungen auf Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH) stützen", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Da zumindest die Hamburger Sparkasse (Haspa) gegen die Urteile der Landgerichte beim Oberlandesgericht (OLG) Berufung einlegen wird, ist das noch ein langer Weg. Von dem Potsdamer Urteil ist die Postbank betroffen. "Wir prüfen noch, ob wir in Berufung gegen werden", sagte ein Sprecher des Instituts.

Trotz Schadenersatz, der den Klägern jetzt zugesprochen wurde, müssen sie noch auf ihr Geld warten. "Solange die Urteile nicht rechtskräftig sind, muss die Haspa nicht zahlen", sagt Klägeranwalt Ulrich Husack. Erst wenn das OLG die Landgerichts-Entscheidungen bestätigen sollte und die Haspa sich damit abfinden würde, können die Kunden mit der Rückzahlung ihres Geldes rechnen. In diesem Jahr ist das nicht mehr zu erwarten, sind sich Experten sicher. Noch viel länger würde es bis zu einer endgültigen Entscheidung dauern, wenn die Fälle bis vor den BGH getragen werden.

"Ich freue mich über die Urteile für die Lehman-Geschädigten, aber das OLG wird eine hohe Hürde", sagte Karl Christensen*, der einen Prozess gegen die Sparkasse Harburg-Buxtehude vor dem OLG Hamburg im Mai 2009 verloren hat (Az.: 1 U 85/08). "Ich wurde regelrecht abgewatscht."

Christensen hatte auf Anraten der Bank ein Zertifikat erworben, das feste Zinszahlungen versprach, sofern vier Autohersteller, darunter General Motors und Ford, nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Anlage entwickelte sich sehr schlecht. Christensen verkaufte die Papiere und realisierte einen fünfstelligen Verlust. Beim Verkauf waren verdeckte Provisionen von der Westdeutschen Landesbank an die Sparkasse Harburg-Buxtehude geflossen. Gerade eine solche Tatsache verhalf den Klägern bei den Lehman-Zertifikaten zum Erfolg. Weil die Haspa die Marge von bis zu 4,8 Prozent von Lehman Brothers verschwiegen hatte, machte sie sich einer Pflichtverletzung schuldig, urteilten die Richter.

Doch das OLG akzeptierte das Provisionsargument nicht, obwohl der BGH inzwischen mehrfach die Offenlegung angemahnt hat. Vielmehr ließen die Richter erkennen, dass sich die Offenlegungspflicht eher auf Investmentfonds als auf Anleihen oder Zertifikate bezieht. Auch könne die Information über Provisionen schon mit der Aushändigung der Basisinformationen über Wertpapiere erfüllt werden. Die Richter verneinten einen Zusammenhang zwischen der Provision und dem Erwerb der Zertifikate und wiesen die Klage ab. "Das OLG wird die Hamburger Urteile kassieren", ist sich ein führender Hamburger Banker sicher, der nicht von der Haspa kommt.

Experten sehen Widersprüche zwischen den inzwischen anlegerfreundlichen Urteilen des BGH und Entscheidungen der OLG. "Da tobt ein Machtkampf", sagt ein Anwalt. So hatte das OLG München im Fall eines Anlegers im Zusammenhang mit verdeckten Provisionen bereits zweimal gegen die Rechtsprechung des BGH entschieden. Der BGH hob das Urteil auf und verwies den Fall jetzt an einen anderen Senat des OLG (Az.: XI ZR 586/07).

Von den Hamburger OLG-Richtern wurde eine Revision beim BGH erst gar nicht zugelassen. Dagegen hat jetzt Christensen Beschwerde eingelegt. "Es geht mir schon nicht mehr um das Geld, es geht um Gerechtigkeit."

* Name geändert