Auch Vorstände und ein Aktionär offenbar im Visier der Banker.

Hamburg. Die Spitzelaffäre bei der Deutschen Bank weitet sich offensichtlich aus. Die Bank soll laut "Spiegel" den ehemaligen Gewerkschaftsvertreter von Ver.di in ihrem Aufsichtsrat, Gerald Herrmann, von einer Detektei bespitzelt haben lassen. Das gehe aus dem internen Prüfbericht einer Anwaltskanzlei hervor, der der Bank seit Ende vergangener Woche vorliege. Zudem seien 2006 auch Vorstände überwacht worden, die im Verdacht standen, Kontakte zum Medienunternehmer Leo Kirch zu unterhalten. Der auf Ibiza lebende Rechtsanwalt Michael Bohndorf, ein kritischer Aktionär, sei ebenfalls im Auftrag der Bank beschattet worden. Die Deutsche Bank wollte den Bericht nicht kommentieren. Sie wolle sich erst äußern, wenn die Unterlagen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorliegen.

Gewerkschafter Herrmann bestätigte dem "Handelsblatt", dass er ausgespäht worden sei. Die Deutsche Bank habe ihn erst vor wenigen Tagen darüber informiert. Herrmann stand laut "Spiegel" im Verdacht, Geschäftszahlen des dritten Quartals 2001 an die Presse gegeben zu haben. "Ich finde dieses Verhalten empörend", sagte Herrmann. Die Bank habe sich zwar entschuldigt, er erwarte aber eine persönliche Entschuldigung von Vorstandschef Josef Ackermann, "der sich ja an die Spitze der Aufklärung stellen wollte".

Die Vorwürfe hätten sich "als völlig unbegründet" erwiesen. Das habe ihm die Bank versichert. "Die haben mich verdächtigt, nur weil ich wiederholt öffentlich den massiven Stellenabbau des Kreditinstitutes kritisiert hatte, das damit sein hohes Renditeziel von 25 Prozent Eigenkapitalrendite sichern wollte."

Von dem kritischen Aktionär Bohndorf hätten Detektive Bewegungsprofile erstellt, schreibt der "Spiegel". Zudem sei gezielt nach persönlichen Schwächen des Mannes gesucht worden, auch mit dem Einsatz "weiblicher Lockvögel". Er sei inzwischen von der Bank über die Maßnahmen informiert worden. Die Bank hatte in der Affäre um vermeintliche Spitzel in den eigenen Reihen bis Mitte Juni fristgerecht auf eine Anfrage der hessischen Datenschützer geantwortet. Der DAX-Konzern hatte im Mai mitgeteilt, er habe Hinweise auf mögliche Verstöße gegen "interne oder rechtliche Regeln". Kontendaten oder andere Informationen über Kunden seien nicht betroffen.