Zehntausende deutsche Anleger verloren mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers ihr Erspartes. Die Hamburgerin Sitta Wittenburg ist eine von ihnen.

Hamburg. - 20 000 Euro fehlen ihr jetzt als Rücklage, auf die sie wegen ihrer kleinen Rente von 400 Euro monatlich angewiesen ist. "Jährlich muss ich 8000 bis 10 000 Euro von meinem Ersparten nehmen", sagt sie. "Deshalb steht die Sicherheit meiner Geldanlage an erster Stelle."

Es war keine Citibank oder Hamburger Sparkasse, die zum Kauf der Papiere riet, sondern eine feine Privatbank: Delbrück Bethmann Maffei. "Seit 33 Jahren bin ich dort Kundin und fühlte mich gut beraten", sagt Wittenburg. Bis zu jenem Tag im September 2008 als sie ihren Berater Uwe Brendel* nach ihren Papieren fragte. Ihre Anlage und somit Ihr Geld sei verloren, soll Brendel gesagt haben. Und weiter: Sie brauche nicht mehr anzurufen, man melde sich von selbst. Die Bank will sich nicht äußern, weil bereits eine Klage anhängig ist.

"Sie betonten, bei der Geldanlage ruhig ,durchatmen' zu wollen. Deshalb habe ich diese Idee des Emittenten Lehman Brothers für Sie herausgesucht", schreibt Berater Brendel Ende Juni 2008 an Frau Wittenburg. Außerdem rechnet er ihr vor, dass sie 600 Euro mehr an Zinsen erzielen kann. Schon Wochen vorher berichtet das "Handelsblatt" über "Schwierigkeiten bei der US-Investmentbank Lehman Brothers". Bereits zuvor hatte die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit der Bank herabgestuft. Von all dem ahnt Sitta Wittenburg nichts als sie zustimmte, ihre sicheren Bundesanleihen gegen Lehman-Zertifikate zu tauschen. Auch die hohen Zinsen waren nicht sicher, sondern hingen vom Aktienmarkt ab. Wie bei vielen Zertifikaten ging es um eine Wette.

Mit 87 Jahren verdient sich Wittenburg noch etwas Geld mit Kinderbetreuung. Da kennt sie sich aus, sie hat vier eigene Kinder und 13 Enkelkinder. Bis zum 82. Lebensjahr arbeitete sie als Haushälterin. "Ich wollte so spät wie möglich meine Reserven angreifen", sagt sie. "Der Berater war so charmant und betörend, als er mich in der Wohnung besuchte", sagt Wittenburg. "Ich war überzeugt, diesem Mann vertrauen zu können." Auch ihr Sohn, ein Arzt, der bei dem Gespräch mit dabei war, fand kein Risiko in der neuen Anlage. Wurde in dem Gespräch auf die Risiken bis hin zum Totalverlust ausreichend hingewiesen? Das wird nun ein Richter klären müssen.

Sitta Wittenburg weiß, was für ein schwerer Kampf das wird. "Ich würde mich mies fühlen, wenn ich nicht aufbegehren würde." (* Name geändert)