Auch deutsches Inlandsprodukt legt 2010 zu. Aber mehr als fünf Millionen Arbeitslose erwartet.

Hamburg. Der neueste Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) enthält eine gute und eine schlechte Nachricht. Die positive Botschaft lautet in den Worten von Generalsekretär Angel Gurria so: "Nach dem tiefsten Abschwung seit dem Zweiten Weltkrieg erreichen wir jetzt die Talsohle."

Tatsächlich wird im jüngsten der vierteljährlichen Wirtschaftsausblicke, der gestern in Paris veröffentlicht wurde, erstmals seit zwei Jahren die Prognose für die Konjunktur in den 30 Mitgliedsstaaten der Organisation gegenüber dem vorhergehenden Bericht leicht angehoben. So erwartet die OECD für 2009 nun einen Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung von 2,2 Prozent, im März hatte man noch ein Minus von 2,75 Prozent angenommen. Für das kommende Jahr rechnen die Experten nicht zuletzt dank der weltweit aufgelegten Konjunkturprogramme mit der Rückkehr zu einer positiven Wachstumsrate, die auf 2,3 (zuvor 1,25) Prozent veranschlagt wird.

Aufgehellt haben sich die Aussichten aber vor allem für die großen Schwellenländer und für die USA. Dagegen fällt der aktuelle Wirtschaftsausblick für die Euro-Zone und für Deutschland nochmals schlechter aus als der vorige. Im Jahr 2009 wird demnach das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Bundesrepublik um 6,1 Prozent sinken, nachdem im März noch ein Rückgang um 5,3 Prozent erwartet worden war. Für 2010 gehen die Volkswirte der Organisation unverändert von einem Miniwachstum von 0,2 Prozent aus.

Die wirklich schlechte Nachricht für Deutschland liegt aber in der Prognose für die Beschäftigung in Deutschland: Bis Ende 2010 dürfte die Zahl der Arbeitslosen auf 5,1 Millionen steigen und die entsprechende Quote auf 11,8 Prozent. Zum Vergleich: Im Mai waren knapp 3,5 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Derzeit werde der Anstieg zwar noch durch das Kurzarbeitsprogramm begrenzt, heißt es in dem Bericht, dieser Effekt werde jedoch zum Erliegen kommen, wenn die Unternehmen in einem weiterhin düsteren Geschäftsumfeld mit Entlassungen beginnen.

"Es muss von der Bundesregierung alles getan werden, damit sich die Arbeitslosigkeit, die sich jetzt aufbaut, nicht zu Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt", sagte Felix Hüfner, OECD-Experte für Deutschland, dem Abendblatt. "Man muss dafür sorgen, dass die Menschen den Kontakt zum Berufsleben nicht verlieren." Daher sei es nötig, zu prüfen, ob die Budgets der Arbeitsagenturen etwa für Qualifizierungsmaßnahmen noch aufgestockt werden müssten.

Für Hamburg als Warendrehscheibe ist die Erwartung der OECD bedeutsam, dass der Welthandel um bis zu 16 Prozent schrumpft. Auf der anderen Seite dürfte vor allem Deutschland nach Ansicht der Organisation künftig von einer allmählichen Belebung des Welthandels profitieren und im Zuge eines globalen Wachstumsanstiegs verlorene Exportmarktanteile zurückgewinnen. Für Deutschland spricht laut Felix Hüfner zudem, dass das Konjunkturpaket der Bundesregierung die Wirtschaft im Jahr 2010 noch einmal im gleichen Umfang stimuliere wie 2009: "Das ist längst nicht in allen Ländern der Fall."