Scharfe Kritik an Aussagen von Otto-Chef Schrader. Fürths Bürgermeister setzt auf Post als möglichen Retter.

Fürth. Das insolvente Versandhaus Quelle kann zunächst weiterarbeiten und auch seinen Herbst/Winter-Katalog drucken. Der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg teilte am Freitagnachmittag mit, ein Bankenkonsortium habe grundsätzlich zugesagt, die nötige Zwischenfinanzierung der Lieferungen an Kunden zu übernehmen. Görg sagte zudem, er habe einen "bedingten Druckauftrag" für den Katalog erteilt. Für das sogenannte Factoring war bisher die Valovis-Bank in Essen zuständig. An sie trat das Versandhaus seine Forderungen an Kunden ab, um sofort Geld für die Warenbeschaffung zu bekommen. Die Valovis-Bank hatte dem Versandhaus mit der Insolvenz gekündigt.

Dieser Einigung war eine Zusage des Freistaates Bayern vorausgegangen, sich mit 20 Millionen Euro an einer notwendigen Staatsbürgschaft für Quelle in Höhe von 50 Millionen Euro zu beteiligen. Vom Bund sollen 25 Millionen Euro kommen, der Rest vom Land Sachsen. Das Votum aus Bayern wertete Görg als "politischen Durchbruch".

Die Belegschaft ist nun optimistisch. "Wir hatten Herzstillstand, jetzt hat der Pulsschlag wieder eingesetzt", zeigte sich Quelle-Betriebsrätin Beate Ulonska erleichtert. "Super, es geht weiter", meinte eine Beschäftigte, als sie beim Betreten der Fürther Firmenzentrale die Nachricht erfuhr. Nun habe man wieder Hoffnung auf ein gutes Ende. Dafür gebe es aber keine Garantie, warnte derweil Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Quelle habe als insolvente Tochter von Arcandor noch einen sehr schwierigen Weg vor sich.

Bislang laufe das Geschäft trotz Insolvenz "wie in Hochzeiten", sagt Ulonska. Kunden würden unbeirrt bestellen. Mit Schub durch den neuen Katalog soll das auch so bleiben.

In Fürth widersprechen zudem Management, Belegschaft und auch SPD-Oberbürgermeister Thomas Jung Aussagen von Otto-Chef Hans-Otto Schrader, wonach Quelle nicht sanierungsfähig sei. Finanzkrise und Arcandor-Insolvenz hätten die laufende Sanierung zwar massiv gestört, räumen die Franken ein. Diese sei ein Marathonlauf, bei dem der seit 80 Jahren existierende Traditionskonzern Quelle aber bei Kilometer 30 oder 40 stehe, beschreibt Ulonska die Lage.

Beim lange vernachlässigten Onlinehandel sei dem Versender hierzulande in Rekordzeit der Sprung von Rang sieben auf Rang drei gelungen. Konkurrent Otto wolle nur die Arcandor-Insolvenz für sich ausnutzen. Die Versandhandelsgruppe Primondo mit dem Flaggschiff Quelle sei funktionsfähig. Ohne Arcandor, im Falle einer insolvenzbedingten Zerschlagung des Gesamtkonzerns wäre jedoch ein alternativer Investor nötig. Der könnte die Post sein, sagte Jung. "Ich würde mich sehr freuen, wenn sich die Post an Quelle beteiligt." Immerhin hingen dort 4000 Stellen vom Großkunden Quelle und dessen Paketen ab. Insgesamt stünden in der Metropolregion Nürnberg/Fürth rund 10 000 Stellen auf dem Spiel, je zur Hälfte bei Quelle und deren Zulieferern.