Auf die deutsche Wirtschaft kommen infolge der Arcandor-Insolvenz offenbar Milliardenbelastungen zu. Eine Pleite des Autobauers Opel wäre allerdings noch teurer geworden.

Hamburg. Der Pensionssicherungsverein (PSV) in Köln, der die Verpflichtungen des Konzerns aus seinen Betriebsrenten übernehmen wird, muss die Beiträge für seine Mitglieder drastisch anheben. Dies trifft rund 73 000 Firmen, vom Kleinbetrieb bis zum internationalen Konzern, deren Pensionen vom PSV abgesichert werden. "Die Beiträge unserer Mitgliedsunternehmen werden sich voraussichtlich vervielfachen müssen", sagte der PSV-Vorstandsvorsitzende Martin Hoppenrath dem Abendblatt.

Im Jahr 2008 lag das Beitragsvolumen bei 506 Millionen Euro, das Schadenvolumen bei 592 Millionen Euro. Die bislang höchsten Beiträge (1,24 Milliarden Euro) mussten im Jahr 2005 gezahlt werden, nachdem die Firma Walter Bau insolvent geworden war. Schon im Zeitraum von Januar bis Mai 2009 habe die Schadenssumme höher gelegen als im gesamten Vorjahr. Ursache dafür waren nicht zuletzt die Insolvenzen von Woolworth und Sinn-Leffers - ebenfalls Unternehmen aus dem Handelssektor.

"Vom Brutto-Schaden her dürfte die Arcandor-Insolvenz den Zusammenbruch von AEG im Jahr 1982 deutlich übertreffen", erklärte Hoppenrath. Damals kostete der AEG-Konkurs etwa 1,2 Milliarden Mark. In Berichten hieß es, im Fall von Arcandor würden 2,9 Milliarden Euro fällig. Diese Zahl bestätigte der PSV-Vorstand nicht.

Opel-Insolvenz wäre noch teurer geworden

Sofern nicht Investoren bereit sind, die Lasten aus den Betriebsrenten zu übernehmen, ist die Sachlage eindeutig: "Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens müssen die Zahlung der Betriebsrenten und die Anwartschaften der Beschäftigten vom PSV übernommen werden", so Hoppenrath. Allerdings werde man versuchen, später "einen Teil der Schadenssumme aus der Insolvenzmasse erstattet zu bekommen" - daher die Unterscheidung zwischen dem Brutto-Schaden und der tatsächlichen Belastung des PSV, die niedriger liegen kann.

Noch teurer als die Arcandor-Pleite wäre jedoch eine Insolvenz von Opel geworden: Die Pensionsverpflichtungen für insgesamt 74 000 derzeitige und frühere Beschäftigte des Autobauers belaufen sich auf vier Milliarden Euro. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte diesen Betrag, der im Insolvenzfall von den PSV-Mitgliedern aufzubringen wäre, als Argument für staatliche Opel-Hilfen und gegen das vom Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) favorisierte Modell der "geordneten Insolvenz" genannt. Nachdem die Bundesregierung eine Übernahme der Pensionsverpflichtungen ausgeschlossen hat, müssen diese von den Opel-Investoren getragen werden - die staatlichen Kredite und Bürgschaften von 4,5 Milliarden Euro reichen dafür aus.