Sparkassenkunden haben vor dem höchsten Bundesgericht einen Sieg errungen. Kreditnehmer können nach dem Urteil zu viel gezahlte Gebühren und Zinsen zurückfordern.

Der Bundesgerichtshof hat eine Willkürklausel der über 400 Sparkassen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für ungültig erklärt - und damit die Rechte der Kunden gestärkt. Die Klausel ermächtigte die Sparkassen - darunter auch die Hamburger Sparkasse (Haspa) - die Zinsen und Entgelte im Privat- und Geschäftskundenbereich "nach billigem Ermessen festzulegen und zu ändern". (Az.: XI ZR 55/08)

Dieses Verfahren ist nach Ansicht der Richter zu schwammig und damit unwirksam, weil sie Kunden unangemessen benachteilige. So könnten Zinsen und Gebühren willkürlich festgelegt werden. Die Folge: Wenn die Zinsen am Markt steigen, werden die Konditionen für Kredite zwar schnell erhöht. Umgekehrt würden sie aber oft nicht gesenkt.

So verlangt beispielsweise die Postbank aktuell 14,25 Prozent für den Dispositionskredit und die Haspa 13,3 Prozent, obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank bei einem historischen Tief von 1,25 Prozent liegt. Beide Banken nehmen damit - wie auch viele andere Institute - einen höheren Dispozins als beim letzten Zinstief im Jahr 2003, als der EZB-Leitzins zwei Prozent betrug. Das nährt den Verdacht, dass es für die Anpassung der Dispozinsen keine transparenten Regeln gibt. Eine Zinsanpassungsklausel dürfe die Bank aber nicht einseitig begünstigen, urteilten die Richter.

Zudem standen auch Bankgebühren auf dem Prüfstand. Die Richter monieren, dass das in der Klausel enthaltene einseitige Preisänderungsrecht die Sparkassen-Kunden unangemessen benachteiligt. "Dadurch wird es den Sparkassen ermöglicht, Preisänderungen nicht nur zur Abwälzung eigener Kosten, sondern zur Steigerung ihres Gewinns vorzunehmen." Für bestimmte Geschäfte, wie etwa Barauszahlungen am Schalter oder die Bearbeitung von Kontenpfändungen, dürften gar keine Gebühren verlangt werden.

Erstritten wurde die Entscheidung von der Schutzgemeinschaft für Bankkunden. Ihre Anwältin Heidrun Jacobs nannte die Entscheidung "einen Meilenstein für den Verbraucherschutz". Betroffen seien alle Verbraucherdarlehen mit variablem Zins. "Dazu gehört auch der Dispositionskredit", sagte sie dem Abendblatt. "Es müssen jetzt transparente und nachvollziehbare Regeln auf der Basis eines Referenzzinssatzes für die Zinsanpassung gefunden werden."

Wer einen Kreditvertrag bei einer Sparkasse laufen habe, könne nun Ansprüche auf Rückerstattung zuviel gezahlter Zinsen geltend machen. Ein Sprecher der Haspa kündigte an, dass die Klausel überprüft und Anpassungen vorgenommen würden. "Zu konkreten Auswirkungen können wir uns aber erst äußern, wenn die BGH-Entscheidung in schriftlicher Form vorliegt." Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßte die BGH-Entscheidung. "Da auch Geschäfts- und Volksbanken ähnliche Klauseln verwenden, sehen wir das Urteil als sehr weitreichend an", sagte Frank-Christian Pauli vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Wenn eine Klausel wie in diesem Fall für unwirksam erklärt wird, heißt das, dass diese Klausel auch in der Vergangenheit nicht wirksam war." Dennoch warnte er vor übertriebenen Erwartungen, was Rückforderungen der Kunden gegenüber den Banken betrifft. "Welche Konsequenzen hier gezogen werden, wird erst die Urteilsbegründung zeigen", sagte Pauli.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband erwartet dagegen keine größeren Folgen aus dem Urteil. "Die beanstandete Klausel sei kaum angewendet worden", so DSGV-Sprecherin Michaela Roth. Bei Verbraucherkrediten würde der Zinssatz im Kreditvertrag selbst geregelt. Die Klausel greife nur, soweit nichts anderes vereinbart sei.