Wohl wenige Chefs beherrschen die Kunst, ihr Unternehmen immer wieder ins Gespräch und in die Schlagzeilen zu bringen, so gut wie Michael O'Leary vom irischen Billigflieger Ryanair.

Sein neuester Coup: Ryanair prüft die Einführung einer Zusatzgebühr für übergewichtige Passagiere.

Nun sollen die Kunden der Airline darüber abstimmen, wonach sich der Zuschlag richten soll. Drei Varianten stehen zur Wahl: Nach dem Gewicht ab 130 Kilo bei Männern und ab 100 Kilo bei Frauen, nach dem Körperumfang ab 115 Zentimetern bei Männern und ab 101 Zentimetern bei Frauen oder aber eine Gebühr für einen zweiten Sitzplatz bei Passagieren, deren Bauch beide Armlehnen gleichzeitig berührt. Mit den Zusatzeinnahmen wolle man die regulären Ticketpreise niedrig halten, heißt es.

Erst im Februar hatte der einfallsreiche O'Leary mit der Idee Aufsehen erregt, für die Benutzung der Bordtoiletten einen Obolus von einem britischen Pfund (1,12 Euro) zu verlangen. Doch dazu wird es nicht kommen. Es gibt zwei Erklärungen dafür, warum der Gang aufs Flugzeug-WC nun doch kostenlos bleibt: "Boeing kann keine Toilettentüren mit Münzschloss machen", sagte O'Leary. Eine Ryanair-Managerin nannte einen anderen Grund - der Firmenchef habe intern klargestellt, dass es sich nur um einen Witz handelte.

Einen ähnlichen Weg wird wohl auch die angedachte Übergewichtigen-Gebühr nehmen. "Das ist eine wunderbare Inszenierung", sagte ein Hamburger Luftfahrtexperte dem Abendblatt. "Dieses Problem gibt es in Europa nicht" - anders als in den USA.

Dort hatte erst vor wenigen Tagen die Lufthansa-Partnerfluggesellschaft United Airlines angekündigt, ihre besonders umfangreichen Passagiere, die nicht in einen Economy-Sitz passen, unter bestimmten Bedingungen für einen zweiten Platz zahlen zu lassen. Mehrere Wettbewerber wie Continental und Delta verfahren ebenso. Die Lufthansa zeigt sich nachgiebiger: "Bisher ließen sich solche Fälle meist durch Umsetzungen regeln", sagte ein Firmensprecher. Außerdem buchten viele der stark übergewichtigen Fluggäste vorsichtshalber in der Business-Klasse, in der der Nebensitz grundsätzlich frei bleibt.

Unklar bleibt allerdings, wie Ryanair eine mögliche Schwergewichte-Gebühr umsetzen will. Denn es ist das klare Ziel der sparsamen Iren, ihr Schalterpersonal an den Flughäfen möglichst auf Null abzubauen. "Sollen dann etwa die Stewardessen den Passagieren das Maßband anlegen", fragt man sich daher in der Branche.

Laut Ryanair entstammt die Idee des Gewichtszuschlags, der sogenannten "Fat Tax", einer europaweiten Umfrage unter 100 000 Kunden. Darin hätten sich 30 000 von ihnen eine Zusatzgebühr für übergewichtige Passagiere befürwortet. Zudem hätten sich zahlreiche Passagiere über zuviel Laufverkehr im Flugzeug beschwert - was vielleicht damit zu tun hat, dass der Fußraum in den Jets des Billigfliegers eher sparsam bemessen ist.

Einige andere Anregungen aus der Umfrage werfen aber womöglich ein bezeichnendes Licht auf die Ernsthaftigkeit der Vorschläge. So war die zweitpopulärste Idee zur Kostenreduzierung eine Gebühr von einem Euro für die Nutzung von Toilettenpapier mit dem Konterfei von Michael O'Leary. Ins Gespräch gebracht wurden außerdem Zuschläge von 25 Euro für die Benutzung des Notausgangs und von 50 Euro für einen Blick auf die Kabinen-Crew im Bikini.

Weniger witzig dürften die Ryanair-Kunden allerdings die lange Reihe jener Gebühren finden, die tatsächlich eingeführt wurden. Denn schon bisher zeigte sich O'Leary ungemein fantasievoll, wenn es um Zusatzeinnahmen ging: Europas größter Billigflieger gehörte zu den Vorreitern bei den Zuschlägen für die Beförderung von Gepäckstücken und sogar für den Check-In am Flughafen. Für diese Tarifpolitik war Ryanair von Verbraucherschützern immer wieder kritisiert worden. Im Februar vergab die Stiftung Warentest im Hinblick auf die Preistransparenz der Fluggesellschaft das Urteil "Mangelhaft". O'Leary wird das nicht gestört haben.