Eigenkapital wurde offenbar knapp. Bundesamt für Finanzaufsicht begrüßt die Übernahme.

Eine Spendenbüchse der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger steht auf dem Empfangstresen. Im schlicht eingerichteten Konferenzraum hängt ein Flatscreen. All das könnten die HafenCity-Touristen von den Magellan-Terrassen aus sehen, aber sie interessieren sich mehr für die asiatische Bar im Erdgeschoss des Gebäudes vom Bankhaus Wölbern. Bislang waren die Geschäfte der Bank ebenso unauffällig wie seine Räumlichkeiten.

Jetzt aber wird Wölbern zum Beleg dafür, dass die internationale Bankenkrise die Branche in der Hansestadt erreicht hat. Wie am Freitag bekannt wurde, hat sich die Privatbank Wölbern unter das Schutzschild des Hamburger Bankhauses M. M. Warburg gestellt. "M. M. Warburg erwirbt in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband deutscher Banken vom bisherigen Eigentümer Heinrich Maria Schulte alle Anteile am Bankhaus Wölbern", sagte ein Warburg-Sprecher.

Nach Informationen des Abendblatts hat sich bei Wölbern in den vergangenen Monaten das Verhältnis zwischen dem Risiko aus den Bankgeschäften und dem vorhandenen Eigenkapital verschlechtert und sich so dem gesetzlich erlaubten Mindestwert genähert. Deshalb hatte sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um das Institut gekümmert. Unter anderem wurden binnen weniger Monate zwei Vorstände ausgewechselt. Nun hat die BaFin den Wölbern-Eigentümer Schulte aufgefordert, das Eigenkapital der Bank zu erhöhen. Doch das tat dieser nicht. Es kam zum Verkauf. Die BaFin begrüßte dies am Freitag.

Es geschieht immer mal wieder, dass in Deutschland Banken verkauft werden. "Aber dass sich der Bundesverband der deutschen Banken an einem Institut teilweise oder sogar ganz beteiligt, kommt nicht oft vor. Das passiert nur, wenn Not am Mann ist", sagte Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen FinanzZentrums, dem Abendblatt. In der Regel engagiert sich der Bankenverband nur, wenn die Institute vor dem Kollaps gerettet werden müssen. So etwa vor einigen Jahren die Schmidtbank, die der Branchenverband später an die Commerzbank verkaufen konnte. Vor etwa einem Jahr musste der Verband der Düsseldorfer Hypothekenbank zu Hilfe eilen.

Nun trifft es ein Hamburger Geldhaus, das mit 60 Mitarbeitern und einem Einlagevolumen von rund 500 Millionen Euro zwar klein ist, aber als feine Adresse gilt. Wie lange Warburg Wölbern halten wird, ist unklar. "Die Warburg Bankengruppe ist erfahren in der Führung von Tochterbanken vergleichbarer Größe, verfolgt mit dem Erwerb jedoch keine besonderen strategischen Ziele", so der Sprecher.

Zudem hat Schulte noch einige Tage Zeit, um einen eigenen Käufer zu finden, der Warburg beim Kaufpreis überbietet. Doch im Vergleich zu 2006, als Schulte die Bank übernahm, hat sich heute der Preis, der in Deutschland für Geldhäuser bezahlt wird, wegen der Finanzkrise stark reduziert. So verwundert es kaum, dass weder Warburg noch Wölbern etwas zum Kaufpreis sagen wollten.

Schulte, ein Hamburger Arzt mit Professorentitel, ist unter anderem in der Reproduktionsmedizin (künstliche Befruchtung) und in der Therapie von Hormon- und Stoffwechselerkrankungen aktiv. Bekannt wurde er auch als Investor in der Biotech-Branche. So gehörte Schulte neben dem Nobelpreisträger Manfred Eigen und dem Hamburger Mediziner Freimut Leidenberger zu den ersten Geldgebern für die Hamburger Biotechfirma Evotec.

Nach der Übernahme von Wölbern trennte Schulte das Emissionshaus Wölbern von der gleichnamigen Bank ab. Dieses steht nicht zum Verkauf. Die Bank baute er zum Finanzinvestor aus, legte einen Fonds auf, der in Biotechunternehmen investieren sollte. Insider vermuten, dass gerade dieser Bereich zu der Krise beigetragen hat. Schulte war am Freitag für das Abendblatt nicht zu sprechen.