Verbraucherschützer warnen vor Mogelpackungen. Viele Produkte unterliegen nicht der Einlagensicherung.

Banken und Versicherungen versuchen vom soliden Image des Bundesschatzbriefes zu profitieren. Sie nennen ihre Produkte Schatzbriefe, auch wenn es sich dabei um ein Zertifikat oder um eine Rentenversicherung wie bei der Allianz handelt. "Wir registrieren mit Sorge, dass unter Marketinggesichtspunkten auch juristische Grenzen ausgelotet werden, um von der Marke Bundesschatzbrief zu profitieren", sagt ein Sprecher der Finanzagentur, die den Bundesschatzbrief herausgibt.

Verbraucherschützer fürchten eine Täuschung der Kunden, die nach sicheren Produkten suchen. So gilt der Bundesschatzbrief als äußerst risikoarme Anlage, weil für dessen Rückzahlung die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem ganzen Staatsvermögen einsteht. "Schatzbriefe der Banken können dagegen Inhaberschuldverschreibungen oder Zertifikate sein, die im Insolvenzfall der Bank nicht abgesichert sind", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Seit 40 Jahren denkt der Anleger beim Wort "Schatzbrief" an Bundesschatzbriefe. Rund zehn Milliarden Euro haben die Deutschen in diese sichere Anlageform investiert, die Jahr für Jahr steigende Zinsen verspricht. Mit wesentlich attraktiveren Konditionen machen zwei Institute dem Bund Konkurrenz. Doch: Beide Produkte unterliegen keiner Einlagensicherung wie klassische Sparprodukte der Banken. Gehen die Banken pleite, ist das Geld weg. "Unter fast identischen Bezeichnungen werden Anlageprodukte mit ganz unterschiedlichem Risikoprofil offeriert", sagt Nauhauser.

Bis zu fünf Millionen Euro will die amerikanische Bank Morgan Stanley bis 19. April mit einem Schatzbrief einsammeln. Auf den ersten Blick erscheint das als Schatzbrief bezeichnete Zertifikat wie eine identische Nachbildung des Bundesschatzbriefes. Nur die Laufzeit ist mit drei Jahren deutlich kürzer als bei der staatlichen Konkurrenz. Schon im ersten Jahr gibt es 4,3 Prozent Zinsen.

Da kann der Bundesschatzbrief mit 0,50 Prozent Zinsen im ersten Jahr und einer Gesamtrendite von 2,17 Prozent pro Jahr nach sechs Jahren nicht mithalten. "Anleger und Vertrieb sind sehr zufrieden mit dem Produkt", sagt Jörn Schiemann von Morgan Stanley. Folglich wird der Schatzbrief am laufenden Band aufgelegt. "Die Leute wissen schon, was sie da erwerben", sagt er. Damit meint er, dass es sich bei dem Zertifikat um Schuldverschreibungen handelt, die bei einer Insolvenz von Morgan Stanley nicht gesichert sind. Die Bank umschreibt das mit dem Hinweis: "Bei Schatzbriefen handelt es sich um Schuldverschreibungen, bei denen die Bonität des Emittenten zu berücksichtigen ist." Ältere Broschüren enthalten selbst diesen schwer verständlichen Hinweis nicht.

Verbraucherschützer wünschen sich eine Behörde, die gegen solche unlauteren Produktbeschreibungen vorgehen kann. "Das grenzt schon an vorsätzliche Täuschung", sagt Nauhauser. Denn der Vergleich zu Bundesschatzbriefen wird von Morgan Stanley bewusst hergestellt. "Im Gegensatz zu Bundesschatzbriefen können Morgan-Stanley-Schatzbriefe jederzeit ge- oder verkauft werden", heißt es in der Werbung. Dabei können auch Bundesschatzbriefe nach einem Jahr ohne Kursrisiko jederzeit zurückgegeben werden. Beim Schatzbrief von Morgan Stanley gibt es dagegen ein Kursrisiko, wenn man vor Laufzeitende aus den Papieren aussteigen will. Die Direktbank Comdirect, die den Schatzbrief ihren Kunden schmackhaft macht, vergleicht den Kapitalschutz von Morgan Stanley zum Laufzeitende mit Bundesschatzbriefen. "Das ist wohl eine nicht ganz glückliche Formulierung", räumt eine Sprecherin der Direktbank ein.

Auch die Commerzbank verkauft zwei- und fünfjährige Schatzbriefe und lockt mit Zinsen von bis zu 4,5 Prozent. Für den fünfjährigen Schatzbrief wird noch ein Ausgabeaufschlag von 1,5 Prozent verlangt, was die tatsächliche Rendite schmälert. Die Schatzbriefe sind Inhaberschuldverschreibungen, also praktisch auch ein Zertifikat. Geht die Bank pleite, ist das Geld weg.

Beim Allianz-Schatzbrief zahlt der Anleger einen Einmalbeitrag ein und bekommt dafür eine monatliche Rente oder eine einmalige Kapitalabfindung. "Mit Schatzbrief wollen wir ausdrücken, dass es sich um eine verlässliche Anlage mit sicherem verbrieften Wert handelt", heißt es bei der Versicherung. Wer sich allerdings bei der Rentenversicherung für die Invest-Variante entscheidet, lässt sich auf die Chancen und Risiken der Kapitalmärkte ein. Dann gibt es auch keinen Garantiezins von 2,25 Prozent wie sonst bei einer Rentenversicherung üblich.

"Unter fast identischen Bezeichnungen werden Anlageprodukte mit ganz unterschiedlichem Risikoprofil offeriert."

Niels Nauhauser, Verbraucherschützer