Branche hat 1600 Arbeitsplätze geschaffen. Auftragslage und Auslastung sind noch gut. Aber Risiken drohen durch Euro-Krise

Hamburg. Die Auftragsbücher sind voll, die norddeutsche Metall- und Elektroindustrie sind zufrieden mitder wirtschaftlichen Lage. Vier von fünf Firmen der Branche in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und dem nördlichen Niedersachsen beurteilten ihre wirtschaftliche Situation als "gut" oder "befriedigend". Auch deshalb haben die Unternehmen in den vergangenen Monaten 1600 Jobs geschaffen. Das ist der höchste Anstieg seit vier Jahren, sagte Thomas Lambusch, Unternehmer und Vorstand des Arbeitgeberverbandes Nordmetall. Allein der Flugzeugbauer Airbus plant, 1000 weitere Mitarbeiter einzustellen.

Dennoch hat sich die Stimmung etwas verschlechtert. Seit der letzten Umfrage des Verbandes im vergangenen Oktober haben 22 Prozent der befragten 109 Firmen ihre Lageeinschätzung von "gut" auf "befriedigend" herabgestuft. Lambusch warnt dennoch vorzu viel Pessimismus. "Noch sehen wir mehr Sonne als Wolken", sagte er.Immerhin meldeten 87 Prozent derFirmen gute oder zufriedenstellende Geschäfte. Aber ob dieser positive Trend fortgeschrieben werden kann, ist unklar: "Trotz der guten Ergebnisse dürfen wir nicht vergessen, dass die Schulden- und Euro-Krise ein Schockrisiko bleibt, der Schiffbau ein Sorgenkind ist und die Energiewende ein Sorgenkind zu werden droht."

Zwar liegt die Auslastung der norddeutschen Unternehmen immer noch bei knapp 90 Prozent. Aber die meisten Firmen der Branche arbeiten derzeit Aufträge ab, die sie bereits seit dem Jahr 2010 erhalten haben. Ob sich die Orderbücher der exportabhängigen Industrie trotz der flauen Lage in einigen Euro-Staaten auch künftig füllen, ist ungewiss. Laut Lambusch verstärken deshalb viele Unternehmen bereits ihrEngagement außerhalb Europas. "Zulieferer gehen zum Beispiel nachChina", sagt er. Fast 90 Prozent derFirmen liefern ihre Waren ins Ausland, ein Drittel exportiert sogar den größten Teil seiner Produkte.

Die jüngst vereinbarte Tariferhöhung um 4,3 Prozent in der Metallbranche sei für die norddeutschen Firmen verkraftbar. Die kostenwirksame Belastung liegt in diesem Jahr bei rund 3,4 Prozent, weil die Erhöhung erst ab Mai wirksam ist. "Aber die in den Tarifgesprächen getroffenen Vereinbarungen zur Zeitarbeit kritisieren wir", so Lambusch. Konkret geht es darum, dass Zeitarbeiter nach neun Monaten Beschäftigung im Unternehmen einen50-prozentigen Lohnaufschlag bekommen sollen. "Das könnte dazu führen, dass von den Unternehmen Zeitarbeitsplätze abgebaut werden", sagte der Nordmetall-Verbandschef. Damit büße das Instrument der kurzfristigen Anstellung an Wirksamkeit ein. "Mehrkosten durch höhere Vergütungen oder durch die Energiewende könnten eigentlich nur über Preiserhöhungen abgefedert werden. Doch dies wird im Exportgeschäft kaum möglich sein", so Lambusch. 70 Prozent der Firmen gaben bei der Umfrage an, dass sie nicht daran glauben, bei ihren Kunden Preiserhöhungen durchsetzen zu können.

Auch die Entscheidung der Bundesregierung zum Betreuungsgeld kann der Unternehmer Lambusch nicht nachvollziehen: "Das führt dazu, dass Mütter in Zeiten des Facharbeitermangels dem Arbeitsmarkt entzogen werden. Wir setzen auf die Verfassungsklage des Hamburger Senats." DieMetall- und Elektroindustrie sind eine der Schlüsselbranchen in Norddeutschland. Nordmetall vertritt 250 Unternehmen aus vier Bundesländern, die zusammen 110 000 Mitarbeiter beschäftigen.