Finnen schließen Standort Ulm mit 730 Stellen komplett. Neues Führungsteam soll Wende bringen

Espoo. Der kriselnde Handykonzern Nokia streicht weltweit 10 000 Stellen. Damit fällt rund jede fünfte Stelle im Handy-Geschäft weg. Die Jobs werden bis Ende 2013 abgebaut, wie das finnische Unternehmen mitteilte. Der Standort für Forschung und Entwicklung in Ulm mit 730 Mitarbeitern soll schon Ende September schließen.

Deutschland bleibe aber sehr wichtig für Nokia, betonte Konzernchef Stephen Elop. Er hob vor allem den Standort Berlin hervor. Die Mitarbeiter in Ulm arbeiteten aber an Projekten, die Nokia nicht mehr fortführen werde.

Elops Plan ist, den Fokus auf die neuen Smartphones der Marke Lumia und verwandte Angebote zu legen. Deshalb finden die Kürzungen in anderen Geschäftsbereichen statt. Allein im ersten Quartal gab es einen Verlust von 929 Millionen Euro.

Die jährlichen Einsparungen bei den operativen Ausgaben von einer auf drei Milliarden Euro sollen nun hochgeschraubt werden. Von dem Milliardenziel seien von Januar bis März bereits 700 Millionen Euro geschafft worden, sagte Elop. Zunächst wird der Stellenabbau aber rund eine Milliarde Euro an zusätzlichen Kosten verschlingen. Eine Zäsur ist die Schließung des traditionsreichen Werks Salo in Finnland. Allein in Nokias Heimatland sollen 3700 Jobs verschwinden.

Nokia hatte zum Ende des ersten Quartals weltweit schon 122 000 Mitarbeiter im Konzern. Ohne den ebenfalls mit heftigen Problemen kämpfenden Netzwerk-Ausrüster Nokia Siemens Networks (NSN) waren es alleine 53 500 Arbeitnehmer.

"Wir müssen nicht nur unsere finanzielle Lage verbessern, sondern auch langfristig die Zukunft von Nokia sichern", so Elop. Die Börsianer werteten die Rotstift-Aktion eher als Zeichen der Schwäche: Die Aktie verlor bis zum Mittag mehr als elf Prozent und war erstmals knapp unter zwei Euro wert.

Mit der neuen Strategie verändert sich auch das Führungsteam. Marketingchefin Jerri DeVard, Handy-Chefin Mary McDowell und Niklas Savander als Zuständiger für Märkte müssen das Unternehmen verlassen. Sie werden durch Nachfolger aus den eigenen Reihen ersetzt. So wird Chris Weber, der die Lumia-Markteinführung im Problemmarkt USA verantwortete, neuer Marketingchef. Einige der nun zurückgetretenen Manager hatte Elop im vergangenen Jahr befördert - doch offenbar konnten sie nicht die erwarteten Ergebnisse liefern.

Nokia war lange Marktführer im Geschäft mit einfachen Handys und auch Computer-Telefonen, wurde aber von Apple mit seinem iPhone und vor allem Samsung in den Schatten gestellt. Die Südkoreaner profitieren von ihrer großen Modell-Auswahl und stießen Nokia nach 14 Jahren vom Thron des weltgrößten Handy-Herstellers. Auch Nokias Lumia-Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone hatten im vergangenen Herbst einen mäßigen Start. Laut Experten hat Windows Phone nur einen Marktanteil von zwei Prozent.