Jedes fünfte Unternehmen denkt an Abwanderung. Hamburger kritisieren Wettbewerbsverzerrung

Peking. Mehr als jedes fünfte europäische Unternehmen in China denkt an eine Abwanderung in andere Länder. Zwar werde das Reich der Mitte ein immer wichtigerer strategischer Markt, doch erschwerten das unsichere behördliche Umfeld, die Marktbarrieren und der Kostendruck das Geschäft, ergab gestern eine in Peking vorgelegte Umfrage der Europäischen Handelskammer in China unter seinen Mitgliedern. "Wenn eins von fünf Unternehmen erwägt, das Land zu verlassen, würde ich das als ziemlich alarmierend betrachten", sagte EU-Kammerpräsident Davide Cucino.

In der Umfrage gaben 22 Prozent an, wegen der Ungewissheiten im Umgang mit Behörden, der unterschiedlichen Auslegung von Gesetzen sowie der steigenden Arbeitskosten in China darüber nachzudenken, ihre Investitionen in andere Länder zu verlagern. Es gebe "ein starkes Gefühl der Frustration". Auch werde befürchtet, dass ausländische Unternehmen auch in Zukunft unter Diskriminierung leiden müssten. "Die Entwicklung des behördlichen Umfelds hinkt hinter der Entwicklung des Marktes her", heißt es in dem Bericht.

In Hamburg sind diese Herausforderungen bekannt. "China stellt aus Sicht unserer Handelskammer einen wichtigen und umsatzstarken Markt für Hamburger Firmen dar. Mehr als 900 Firmen aus der Hansestadt unterhalten enge Geschäftsbeziehungen mit China. Die in der Studie angeführten Probleme im China-Geschäft sind größtenteils nicht neu", sagte Philip Koch von der Handelskammer Hamburg. "Unsere Handelskammer hat aber bisher keine Kenntnis von Hamburger Unternehmen, die sich deswegen aus dem China-Geschäft zurückgezogen haben. Gleichwohl unterstützen wir den Ruf nach dem Abbau von wettbewerbsverzerrender Regulierung für ausländische Akteure auf dem chinesischen Markt."

Jedes zweite europäische Unternehmen in China (48 Prozent) gab allerdings in der Umfrage an, dass ihm wegen behördlicher Hürden mögliche Geschäfte entgangen seien. Die derart verpassten Geschäftsmöglichkeiten summierten sich auf einen "extrem großen Betrag" in mehrfacher Milliardenhöhe, heißt es aus der EU-Handelskammer.