Leihkräfte mit CGZP-Verträgen können Lohndifferenz einklagen

Berlin/Hamburg. Das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Zeitarbeit kommt einige Unternehmen teuer zu stehen. Mehr als 700 Zeitarbeitsfirmen mussten bisher wegen unzulässiger Niedriglöhne nachträglich Beiträge an die Sozialversicherungen in Höhe von fast 50 Millionen Euro abführen, teilte gestern die Rentenversicherung Bund mit, die das Geld im Rahmen von Betriebsprüfungen eintreibt. Betroffene Leihkräfte, die nach Tarifverträgen der christlichen Gewerkschaft CGZP honoriert wurden, können unterdessen Lohnnachzahlungen vor Gericht einklagen.

Die betroffenen Zeitarbeitsfirmen hatten Arbeitnehmer auf der Grundlage von Tarifverträgen der christlichen Gewerkschaft CGZP beschäftigt, die das Bundesarbeitsgericht jedoch bereits im Dezember 2010 für ungültig erklärt hatte. In drei weiteren nun veröffentlichten Entscheidungen urteilten die Richter, dass die Tarifgemeinschaft CGZP bereits seit ihrer Gründung im Dezember 2002 "nie tariffähig" gewesen sei.

Da die Tarifverträge der CGZP ungültig waren, fehlte den Firmen die Voraussetzung, um von der Vorschrift der gleichen Bezahlung (Equal Pay) von Leiharbeitern und Stammbelegschaften abweichen zu dürfen. Die betroffenen Beschäftigten könnten daher höhere Löhne einklagen.

In Hamburg zogen vor einem Jahr rund 20 Leiharbeiter mit Unterstützung der Gewerkschaft Ver.di vor Gericht. "Einige Klagen wurden bereits gewonnen", sagte der Ver.di-Fachsekretär Peter Bremme dem Abendblatt. Dennoch erwartet der Gewerkschafter keinen großen Ansturm auf die Gerichte. Viele Leiharbeiter hätten Angst, gegen ihre Arbeitgeber zu klagen, um ihre laufenden Verträge nicht zu gefährden.

Der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Markus Waitschies, bewertet die Chancen vor Gericht als aussichtsreich. "Zeitarbeiter, die Verträge mit der CGZP hatten, können die Entgeltdifferenz zwischen gezahlten Lohn und dem üblichen Tariflohn bei dem eingesetzten Unternehmen rückwirkend ab 2009 geltend machen, sofern mögliche Arbeitsverträge keine Ausschlussklauseln enthalten." Angenommen, die Lohndifferenz einer Vollzeitkraft lag bei fünf Euro je Stunde, so könnten rund 10 000 Euro für ein Jahr eingeklagt werden.