Nicolas Berggruen bestätigt Gespräche mit Insolvenzverwalter

Neu-Ulm/Hamburg. Die Hängepartie um Schlecker geht weiter. Die Drogeriemarktkette hat am Freitag eine Galgenfrist erhalten. Der Gläubigerausschuss beschloss, Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz bis zum kommenden Freitag Zeit für Verhandlungen mit den beiden übrig gebliebenen Interessenten zu geben. Zu ihnen zählt Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen. Am Mittag, kurz vor Beginn der Sitzung des Gläubigerausschusses, hatte die Firma Berggruen Holdings erstmals bestätigt: "Wir sind im Kontakt mit dem Insolvenzverwalter." Mehr wollte der Sprecher des Milliardärs nicht sagen.

Die Interessenten hätten jetzt Gelegenheit, ihre Angebote "nachzubessern, sowohl beim Preis, als auch beim Konzept", sagte Geiwitz der "Welt". Damit können die 13 000 Mitarbeiter noch einmal aufatmen. Pessimisten hatten befürchtet, der Gläubigerausschuss könnte wegen der hohen Verluste sofort die Einstellung des Betriebes beschließen. Jetzt haben auch die noch gut 30 offenen Schlecker-Filialen in Hamburg vorerst noch eine Zukunft. Von den bisher 64 entlassenen Verkäuferinnen haben inzwischen 22 wieder einen Job.

"Es ist uns gelungen, die Verluste von 200 Millionen auf 25 Millionen Euro zu reduzieren. Das ist ein Erfolg", sagte Geiwitz. Jetzt erwartet er offenbar von den Bietern, dass sie am kommenden Freitag ein Konzept vorlegen, mit dem diese Lücke geschlossen wird.

Gibt es keine Lösung, droht das Ende von Schlecker. Es würden sofort die Kündigungen und im Juni und Juli der Ausverkauf folgen. Immerhin werde es mit Sicherheit für die ebenfalls insolvente Schwestermarke Ihr Platz eine Lösung geben, erklärte ein Sprecher. Details nannte er nicht.

Branchenkenner sind skeptisch, ob Berggruen zum Schlecker-Retter wird: "Wenn Berggruen das macht, hat er eindeutig zu viel Geld", sagt ein Topmanager des deutschen Einzelhandels. Dabei passt Schlecker tatsächlich in Berggruens Beuteschema. Es ist ein bekanntes Unternehmen, aktuell wirtschaftlich am Boden, zwar mit überschaubaren Renditeaussichten im operativen Geschäft, aber der Perspektive, dem Eigentümer ein paar Jahre später beim Verkauf viel Geld einzubringen. Man muss allerdings Jahre ohne Gewinne durchstehen können - und das könnte der Milliardär. Billig einkaufen kann er auch: Sollte er zum Zuge kommen, erhielte er ein Unternehmen, dessen Altschulden die Gläubiger durch den Verzicht auf ihre Forderungen bereits abgetragen haben dürften.

Berggruen übernähme Schlecker im besten Fall also ohne Schulden und stünde in der Öffentlichkeit als Retter von 13 000 Arbeitsplätzen und 3200 Läden da. Und er könnte möglicherweise noch die Schlecker-Auslandsgesellschaften zu Geld machen - ebenso wie das bei den Premium- und Sporthäusern von Karstadt möglich sein sollte. Von anderen Geschäftspartnern, die ein Interesse am Überleben von Schlecker haben müssen, bekäme Berggruen vielleicht noch millionenschwere Zugaben - etwa über die Einkaufskonditionen bei der Industrie. Oder von den Mitarbeitern über einen zeitlich begrenzten Gehaltsverzicht. Auch ein Abschlag bei den Mieten wäre möglich.

Dennoch glauben Handelsexperten nicht, dass diese Idealrechnung aufgehen würde. "Mit dem Konzept und dem Ladennetz, das Schlecker Deutschland jetzt hat, wird jeder Investor vom ersten Tag an Verluste schreiben", sagt ein Experte. Auch sei unwahrscheinlich, dass die Gläubiger nahezu komplett auf ihre Forderungen verzichten werden. Sie könnten stattdessen auf einen Vorabverkauf der Auslandsgesellschaften bestehen. Der Erlös käme dann nicht dem neuen Investor zugute. Zudem gibt es noch das Problem der Kündigungsschutzklagen. Mehr als 4000 der 10 000 bisher Entlassenen versuchen sich in ihre Jobs zurückzuklagen. "Das ist Gift für jede Verkaufsverhandlung", sagt Sanierungsexperte Detlef Specorius. "Dadurch wissen potenzielle Investoren nicht, wie viele Mitarbeiter sie bei einem Kauf übernehmen werden."