Schönefeld. 4,5 Prozent mehr Geld, weniger Arbeitsstunden für Ältere und flexiblere Zeiten für alle - mit diesem Ergebnis ist der Tarifkonflikt in der Chemieindustrie nach zwei Verhandlungsrunden beendet. Arbeitgeber und Gewerkschaft sprachen gestern von einem fairen und vertretbaren Kompromiss für die bundesweit 550 000 Beschäftigten. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 19 Monaten. Während der Tarifvertrag in einigen Bezirken schon am 1. Juli startet und das Saarland und der Osten erst zum 1. September folgen, wird er für die 67 000 Beschäftigten in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie den anderen Gebieten zum 1. August wirksam. Auszubildende erhalten einheitlich 50 Euro mehr. Zudem ermöglicht das Abkommen auch flexiblere Arbeitszeiten bei Kindererziehung oder Pflege sowie eine Viertagewoche für Ältere.

In der Metallindustrie war vor Kurzem ein Pilotabschluss von 4,3 Prozent für 13 Monate ausgehandelt worden. Auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) wollte eine kurze Laufzeit, setzte sich mit ihrer Forderung von zwölf Monaten aber nicht durch. Dafür beansprucht sie, einen tarifpolitischen Meilenstein auf dem Weg zu einer altersgerechten Arbeitswelt gesetzt zu haben. Je Mitarbeiter zahlen die Arbeitgeber in den nächsten drei Jahren in der Regel zusätzlich 200 Euro pro Jahr in einen Demografie-Fonds. Mit dem Geld können die Betriebe älteren Beschäftigten die Viertagewoche ermöglichen, sie früher in Rente schicken oder die Altersteilzeit ausbauen. Vereinbart wurde auch ein Korridor von 35 bis 40 Stunden, in dem einzelne Beschäftigte oder ganze Betriebe von der Regelarbeitszeit von 37,5 Stunden abweichen können - etwa, wenn es Personalengpässe gibt oder wenn Mitarbeiter mehr Zeit für die Familie brauchen.

"Wir haben ein Tarifpaket beschlossen, das wir gut vertreten können", sagte IG-BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann am Verhandlungsort in Schönefeld bei Berlin. Für die Arbeitgeberseite sagte Hans-Carsten Hansen, man habe wesentliche Ziele erreicht. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte den Abschluss der Branchensituation angemessen.