Skepsis überwiegt bei der Währungskonferenz der “Welt“: Euro-Schuldenstaaten sind kaum zu kontrollieren. Kontroverse über die ökonomische Zukunft Griechenlands

Berlin. Zuversicht konnte er nicht verbreiten - und wollte es wohl auch nicht. Überzeugend legte Kai Konrad, der geschäftsführende Direktor am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und öffentliche Finanzen, dar, warum die griechische Tragödie weitergehen dürfte. Bei der Konferenz der Tageszeitung "Welt" und der Stiftung Familienunternehmen in Berlin verglich er den Schuldenstaat mit Bremen.

Die seit Jahren hoch verschuldete Hansestadt profitiert seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1992 von der Haftungsgemeinschaft. Die Milliarden an Sanierungshilfen, die der Bund daraufhin an die Bundesländer Saarland und Bremen für die Sanierung der Haushalte gezahlt hatte, waren an strenge Auflagen geknüpft, sollten für Schuldenabbau oder für Zukunftsinvestitionen genutzt werden. "Bremen hat alle Auflagen des Finanzplanungsrates eingehalten", betont Konrad. Geholfen indes habe es wenig. Denn die wirtschaftliche Entwicklung blieb hinter den Erwartungen des Planungsrates zurück. "Heute ist Bremen noch viel höher verschuldet als damals", so Konrad. "Das geschah in Deutschland mit funktionierenden Institutionen." Wie aber sollten die Bedingungen für die Sanierung Griechenlands umgesetzt werden? Dort sei eine Kontrolle viel schwieriger.

Ob Griechenland in der Euro-Zone bleiben kann und bleiben sollte, blieb auch bei der anschließenden Podiumsdiskussion umstritten. "Unsere Präferenz ist der Verbleib Griechenlands im Euro-Raum", sagte Jörg Asmussen, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB). "Ich arbeite an diesem Plan A." Auf Rückfrage räumte Asmussen ein, wenn andere an einem Plan B arbeiteten, sei das okay.

Deutlich kritischer äußerte sich sein Vorgänger Jürgen Stark. "Es gibt ein Land, das allein von seinen Institutionen kaum in der Lage ist, die Regeln durchzusetzen", sagte das Ex-Direktoriumsmitglied der EZB. Europa aber benötigt Eingriffsrechte in Staaten, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. "Wir haben zu viele Länder aus politischen Gründen in den Euro aufgenommen", sagte Stark. Die Probleme Südeuropas seien keine Probleme des Euro, sondern strukturelle Schwierigkeiten, die auch ohne Währungsunion entstanden wären.

Zugleich hielt er als Ex-Notenbanker ein flammendes Plädoyer für den Vorrang der Preisstabilität, die eine Voraussetzung für politische Stabilität sei. Euro-Bonds, gemeinsame Anleihen aller Euro-Staaten, lehnte er strikt ab. "Das löst keines der Strukturprobleme. Der alte Schlendrian geht weiter."

EZB-Banker Asmussen mahnte in Berlin eine realistischere Sicht auf die Gemeinschaftswährung an. "Der Euro ist ein Gewinn und eine stabilere Währung, als es die Mark je war." Zudem habe Europa mit dem Fiskalpakt bewiesen, dass der Kontinent reformfähig sei. Dieser müsse unverändert in allen Euro-Staaten umgesetzt werden. Er könne aber durch Wachstumsmaßnahmen ergänzt werden, sagte er in Bezug auf französische Forderungen nach einem Wachstumspakt. Neben Strukturreformen auf den Märkten plädierte er auch für die Finanzierung von Zukunftsprojekten etwa durch die Umwidmung von Agrarmitteln. Asmussen, Staatssekretär im Finanzministerium unter Peer Steinbrück (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU), erinnerte an einen Satz von Jacques Delors: "Europa ist wie ein Fahrrad. Hält man es an, fällt es um."