Hansestadt gewinnt Marktanteile im Containerumschlag. Neue Software “Evita“ soll zukünftig Waggons im Hafen für die Bahn leiten.

Hamburg. Die Chancen Hamburgs im Wettbewerb der nordeuropäischen Häfen sind exzellent. Das zumindest meint Jens Meier. Eine Aussage, die aus dem Mund des Chefs der Hamburger Hafenverwaltung HPA kaum verwundert. Doch der studierte Informatiker und Logistikexperte belegt seine These. "Wir liegen beim Containerumschlag um 3,4 Prozent über der Prognose des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik von 2008, und auch der Marktanteil Hamburgs in Nordeuropa ist mit 22,6 Prozent um einen Prozentpunkt höher als erwartet", sagt er bei der Vorlage der Quartalsbilanz des Hafens. Beim Containerumschlag verzeichnete Hamburg zwischen Januar und März verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 5,2 Prozent auf 2,2 Millionen Standardcontainer (TEU). Für 2025 hält Meier wie im Hafenentwicklungsplan ausgewiesen ein Ergebnis von 25 Millionen TEU für möglich. An der HPA jedenfalls soll der Zuwachs nicht scheitern.

Dafür startet Meier ein Projekt, das die Kapazität der Hafenbahn, die im vergangenen Jahr 2,1 Millionen Boxen transportierte, noch ausweiten soll. Im Zentrum der Pläne steht eine Software namens Evita, die 50 Programmierer in den vergangenen Monaten für mehr als 25 Millionen Euro fertiggestellt haben. Das Ziel: Künftig sollen alle Waggons der 97 Eisenbahnunternehmen, die auf den Hafengleisen unterwegs sind, automatisch erfasst und dann möglichst ohne Rangierfahrten zu den Terminals geleitet werden. "Das System, das mit dem IT-Dienstleister Dakosy und Lufthansa Systems entwickelt wurde, vermeidet Eingabefehler, erspart unnötiges Rangieren und erhöht so die Kapazität der Gleise", sagt Meier. Am Pfingstmontag soll Evita letztmals getestet werden, bevor es für den laufenden Hafenbetrieb frei geschaltet wird. "Jetzt heißt es Daumen drücken", so der HPA-Chef. Immerhin soll die Neuorganisation, die noch um eine Funktion für nötige Rangierfahrten ergänzt werden soll, spätestes 2022 mit dem Gleisausbau für den Transport von 4,5 Millionen TEU sorgen. Damit würde das Rekordergebnis der Bahn von 2011 mehr als verdoppelt.

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Dass die Hafenbahn künftig immer mehr Boxen transportieren wird, macht allein der Blick auf die hohen Umschlagzahlen deutlich. Um 3,8 Prozent gingen sie in den ersten drei Monaten auf 32,6 Millionen Tonnen nach oben. Für das Gesamtjahr erwartet Claudia Roller, Vorstand von Hafen Hamburg Marketing, ein Plus von fünf bis sechs Prozent. Somit rückt beim Containerumschlag nach gut neun Millionen TEU im Jahr 2011 ein Ergebnis von knapp 9,5 Millionen TEU ins Blickfeld. Der bisherige Rekord aus dem Jahr 2007 betrug 9,89 Millionen TEU.

Zwar liegt der Zuwachs im ersten Quartal deutlich unter den zweistelligen Raten, mit denen der Umschlag in den verschiedenen Quartalen seit dem Sommer 2010 gewachsen war. Dennoch zeigt sich Roller mit der Entwicklung auch angesichts der schwächeren Konjunktur zufrieden. Immerhin konnte Hamburg gegenüber Rotterdam und Antwerpen Marktanteile hinzugewinnen. So wurden in den Niederlanden zu Jahresbeginn 3,9 Prozent weniger Container und in Belgien lediglich 0,7 Prozent mehr Boxen abgefertigt. Der Marktanteil Hamburgs in Nordeuropa liegt nun bei 22,6 Prozent.

Ein leichtes Minus gab es im Vergleich zu 2011 jedoch im Containerverkehr mit Asien. Hintergrund für den Rückgang um fünf Prozent auf 1,2 Millionen TEU sind geringere Transportkapazitäten und vor allem die Verlagerung eines großen Asiendienstes nach Bremerhaven. "Diese Entwicklung ist aber nur eine Momentaufnahme", sagt Roller. Denn schon im Laufe des ersten Halbjahres erwartet das Marketing, das mindestens vier neue Fernostcontainerdienste ihre Fahrten nach Hamburg aufnehmen. "Daher werden wir das Minus wohl im zweiten Quartal wieder aufholen", so die Marketingchefin. Starke Zuwächse beim Containerumschlag gab es dagegen in der Ostseeregion mit knapp 20 Prozent, wobei der Russland-Verkehr sogar um knapp 34 Prozent zulegte. Auch der positive Trend im Handel mit Nordamerika hält an - hier konnte sich Hamburg über ein Plus von mehr als 60 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2011 freuen.

Beim Massengut wurden 400 000 Tonnen weniger über Hamburg verladen als noch zum Jahresbeginn 2011. Das Minus von 4,8 Prozent auf 9,5 Millionen Tonnen ist darauf zurückzuführen, dass weniger Mineralölprodukte und Getreide verladen wurden. "Einer der Hauptgründe für die Entwicklung sind schlechtere Ernten", sagt Roller. Der Umschlag werde sich aber im laufenden Jahr stabilisieren. 2011 hatte das Gesamtergebnis bei 39,6 Millionen Tonnen gelegen.

Klar ist: Im Containerverkehr kommen immer größere Schiffe nach Hamburg. Mit 87 Frachtern mit mehr als 10 000 Stellplätzen waren es Anfang 2012 fast doppelt so viele wie vor Jahresfrist. Rollers Wunsch: "Wir hoffen daher darauf, dass die Elbe rasch an die neuen Schiffsgrößen angepasst wird."