Auslastung der Branche reicht noch für zwei Jahre. 28 neue Aufträge für drei Milliarden Euro

Hamburg. Der scharfe Wettbewerb mit Asien, die schwache Nachfrage und niedrige Neubaupreise machen den deutschen Werften zu schaffen. Die Branche habe sich zwar weitgehend auf den Spezialschiffbau umgestellt und setze darauf, vom Bau von Errichter- und Versorgungsschiffen für Offshore-Windprojekte zu profitieren, sagte Werner Lundt, der Hauptgeschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Sein Fazit am Rande der Mitgliederversammlung des Verbands war aber klar: "Die Betriebe sind noch nicht aus der Krise heraus."

Gerade bei den Spezialschiffen gestaltet sich auch die Finanzierung während der Bauzeit schwierig. "Die Banken sehen hier vor allem das Risiko, dass diese Schiffe nicht für andere Aufgaben eingesetzt werden können und damit bei Schwierigkeiten des Auftraggebers schlecht weiterzuverkaufen sind", sagte Lundt. Er verwies zudem auf die staatliche Unterstützung des Schiffbaus in Korea und China. Hier müssten Deutschland und die EU gegensteuern. "In einem fairen Wettbewerb stünde die Branche besser da."

Insgesamt wurden 2011 noch 31 Schiffe mit einer Größe von 442 000 Neubautonnen (cgt, Vorjahr: 49 Schiffe mit 975 000 cgt) abgeliefert. Ihr Wert von zwei Milliarden Euro liegt weniger als halb so hoch wie 2010. Weil aber 28 neue Aufträge für drei Milliarden Euro hereingenommen werden konnten, erhöhte sich der Auftragsbestand von 7,4 auf 8,4 Milliarden Euro. Rein rechnerisch ist die Branche damit für zwei Jahre ausgelastet. "Die Situation der Werften ist aber unterschiedlich. Manche haben deutlich länger Arbeit für ihre Belegschaften, andere müssen rasch Aufträge hereinholen", sagte Lundt.

Chancen für die Branche sieht der Verband durch den Einbau von Schwefelfiltern für Schiffe, die auf der Nord- und Ostsee unterwegs sind. Sie sollen den Ausstoß der Schwefelgase auf ein Niveau verringern, das dem Einsatz von Treibstoff mit 0,1 Prozent statt derzeit 1,5 Prozent Schwefel entspricht. Den Wert, der ab 2015 gilt, hat die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) festgelegt. Allerdings zögern viele Reeder derzeit noch mit den Investitionen, die je nach Schiffstyp zwischen einer und fünf Millionen Euro liegen. Es werde aber Zeit, die Aufträge zum Umrüsten zu vergeben, sagte Lundt. "Wenn alle auf den letzten Drücker reagieren, könnte es eng werden." Lundt rechnet für den Einbau der Anlagen mit einer Werftzeit von zwei bis drei Wochen.

Beim Verband selbst steht jetzt ein Generationswechsel in der Führung an. So trat der Vorsitzer Werner Lüken aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl an. Nachfolger ist Harald Johannes Fassmer, 48, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Fassmer Werft in Berne bei Bremen. Zum 31. Januar 2013 geht auch Lundt in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Reinhard Lüken, 43, der bisherige Generalsekretär des europäischen Werftenverbands Cesa in Brüssel.