Nur die Hälfte des Berliner Großflughafens war laut Experten im April betriebsbereit. Kann die Eröffnung erst 2013 über die Bühne gehen?

Berlin. "Die wären doch niemals in drei Wochen fertig geworden", sagt ein Besucher und trifft den Eindruck vieler Gäste. Auf den Publikumstagen "Rund ums Terminal" war am Wochenende das Gelände des künftigen Hauptstadtflughafens in Schönefeld für Besucher geöffnet. Nach dem Desaster um die geplatzte Eröffnung erlebten die Berliner und Brandenburger zwiespältige Gefühle. Wo an manchen aufgeräumten Stellen nur noch die Passagiere fehlen, erinnert der Airport andernorts mehr an einen Rohbau.

Klaus Wowereit war ebenfalls da - ein schwieriger Auftritt für den Regierenden Bürgermeister und Aufsichtsratschef des Flughafens, denn ihm wird eine Mitverantwortung für das Chaos gegeben. Am vergangenen Dienstag war die für den 3. Juni geplante Eröffnung überraschend verschoben worden. Als Grund wurden Brandschutzprobleme genannt. Über den neuen Termin wird derzeit spekuliert. Die Airlines dringen aus wirtschaftlichen Gründen auf die Zeit nach dem Sommerflugplan, also frühestens November. Mittlerweile wird auch eine Inbetriebnahme im nächsten Jahr nicht ausgeschlossen.

+++ Flughafen-Desaster: Wowereit wird ausgelacht +++

Wowereit sagte, er hoffe, dass nach der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch ein "neuer, belastbarer Termin" bekannt gegeben werden könne. Eine "wasserdichte Projektplanung mit einem genauen Terminplan", der dann auch wirklich eingehalten werde, forderte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) im Magazin "Focus". Die Pannenserie müsse endlich ein Ende haben, schließlich gehe es "um ein international renommiertes Großprojekt und nicht um den Bau einer Pommesbude." Durch das Missmanagement des Flughafens "steht die Hauptstadtregion nun blamiert da", sagte Ramsauer in einem weiteren Interview dem "Spiegel". Wie Lufthansa-Vorstand Carsten Spohr der "Berliner Morgenpost" sagte, trifft die Blamage nicht nur Berlin, sondern ganz Deutschland.

Einem "Focus"-Bericht zufolge wäre der Flughafen, der die bisherigen Airports Tegel und Schönefeld ablösen soll, auch ohne die Probleme beim Brandschutz nicht rechtzeitig startklar gewesen. Laut einem Expertenbericht seien wichtige Prozesse von Check-in über Zoll bis zum Bodenverkehr im April nur zu 52 Prozent betriebsbereit gewesen. Flughafensprecher Ralf Kunkel wies aber die Darstellung zurück, der Airport sei zu diesem Zeitpunkt nur halb fertig gewesen. Im April seien zwar erst 52 Prozent aller Prozesse erfolgreich getestet gewesen. Die anderen seien entweder noch nicht stabil gelaufen oder schlicht noch nicht getestet worden.

Nach "Spiegel"-Informationen gab es allerdings schon im Herbst 2010 Zweifel an der Terminplanung. Doch selbst am 26. April 2012 - zwei Wochen, bevor der Eröffnungstermin gekippt wurde - habe die Flughafengesellschaft laut einem internen Protokollentwurf noch an dem Zeitplan festgehalten, obwohl "die Bauarbeiten derzeit etwa zwei Monate im Rückstand sind".

Die Fluggesellschaften behalten sich nach eigenen Angaben Regressforderungen wegen der Verschiebung vor. "Lufthansa und Air Berlin müssen nicht nur jeweils rund eine Million Passagiere über die veränderten Flugabläufe informieren", sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg dem Abendblatt. Beide Airlines hätten auch zusätzliche Flüge vom 3. Juni an eingeplant. "Es ist die Frage, ob dieses Programm an den alten Berliner Flughäfen überhaupt zu bewältigen ist und ob nicht das wirkliche Chaos in Tegel lauert", sagte Schellenberg.