Der Hauptaktionär Drillisch scheitert mit einem Vorstoß, mehr Einfluss im Aufsichtsrat des Mobilfunkunternehmens zu erhalten.

Hamburg. Die Hauptversammlung der Freenet Group im Hamburger Congress Center erinnerte gestern an einen Wirtschaftskrimi. Es ging darum, wer künftig die Macht beim Mobilfunkunternehmen übernimmt. Der größte Aktionär, der Telekommunikationsdienstleister Drillisch, der nach eigenen Angaben knapp 25 Prozent an Freenet hält, wollte drei Aufsichtsratsmitglieder in das sechsköpfige Arbeitgeberlager des Kontrollgremiums entsenden. Sowohl der bisherige Freenet-Aufsichtratsvorsitzende Maarten Henderson als auch die Mehrheit der rund 500 Kleinaktionäre wehrten sich aber gegen einen zu großen Einfluss von Drillisch.

Der Aufsichtsrat eines Unternehmens hat ein gewisses Maß an Macht. Er kann möglichen Übernahmen freundlich oder feindlich gegenüberstehen, mit seiner Strategie für ein Unternehmen den Aktienkurs nach oben oder unten drücken, und er kann Vorstände benennen oder abberufen. Gestern versuchte Drillisch unter anderem zu erreichen, dass die Aktionäre jedes Vorstandsmitglied einzeln entlasten sollen. In den meisten börsennotierten Firmen hingegen wird nicht jeder einzelne Vorstand getrennt, sondern das gesamte Management von der Hauptversammlung bewertet.

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Für Freenet kommt dieser Machtkampf ungelegen. Gerade erst hat das Unternehmen mit Hauptsitz in Büdelsdorf und Vorstandssitz in Hamburg den ersten Übernahmeversuch von Drillisch im Jahr 2008 erfolgreich verdaut. Freenet-Chef Christoph Vilanek präsentierte den Aktionären einen Gewinnsprung für 2011 von 112,5 auf 144 Millionen Euro. Dass auch noch die Dividende um 40 Cent auf 1,20 Euro steigen soll, brachte ihm Beifall ein. Ob Vilaneks Vertrag auch von einem von Drillisch dominierten Aufsichtsrat verlängert würde, ist ungewiss. Im Übernahmekampf 2008 wollte Drillisch gemeinsam mit dem Unternehmen United Internet dem gesamten Freenet-Vorstand das Vertrauen entziehen und ihn danach entlassen. Hintergrund der Attacke war der damalige Schachzug von Freenet, den Mobilfunkanbieter Debitel vom Finanzinvestor Permira zu kaufen. Mit diesem Coup durchkreuzte der Konzern damals die Pläne von Drillisch und United Internet, die Freenet selbst übernehmen, filetieren und untereinander aufteilen wollten.

Es stand der Verdacht im Raum, Drillisch-Chef Paschalis Choulidis plane mit künftig drei möglichen Aufsichtsratsmitgliedern den Freenet-Kurs zu schwächen und dann nochmals eine feindliche Übernahme zu starten oder sich von Freenet übernehmen zulassen. Choulidis wies dies zurück. "Wie weit kann man weg sein von der Realität", sagte Choulidis. Doch explizit ausgeschlossen hat er einen Übernahmewunsch nicht. Nachdem der Schachzug von Drillisch bekannt wurde, feuerte Freenet-Aufsichtsratschef Henderson einen Gegenschuss ab. Er wollte keinen Drillisch-Mann mehr nominieren. Bislang hatte das Unternehmen aus Maintal zwei Vertreter in dem Gremium. Kleinaktionär Manfred Klein forderte auch deshalb Hendersons Rücktritt.

"Dass ein Unternehmen, das nur 25 Prozent der Anteile hält, gleich die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitgeberbank stellt, kann nicht richtig sein, wenn sie das Unternehmen somit kontrollieren", sagte Dirk Unrau, Vertreter der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Peter Tschirner von der Schutzvereinigung der Kleinaktionäre (SdK) erinnerte daran, dass Drillisch eine Schuldverschreibung mit Umtauschrecht in Freenet-Aktien begeben habe. Bei Ausübung des Wandelrechts würde der Freenet-Anteil von Drillisch auf nur noch 14 Prozent sinken. Sich vor diesem Hintergrund schnell vorher noch drei Sitze im Aufsichtsrat zu sichern sei "clever, aber nicht akzeptabel". Unrau schlug den Hamburger Unternehmer Bernd Günther, 71, für das Kontrollgremium vor - und des Weiteren den DSW-Chef Marc Tüngler.

Drillisch konnte sich gestern am späten Abend nicht durchsetzen. Nur die zwei Kandidaten Hartmut Schenk und Robert Weidinger wurden in einem von mehreren Wahlgängen von den Aktionären für den Aufsichtsrat nominiert. Kandidat Bernhard Jorek ging leer aus. Die restlichen Mitglieder des Gremiums aus anderen Listen standen bis Redaktionsschluss nicht fest. Doch klar ist, dass Drillisch mit seinem Vorschlag gescheitert ist, mehr Macht bei Freenet zu bekommen.