Bundesregierung kündigt Unterstützung des Italieners an

Berlin. Die Nachfolge von Jean-Claude Trichet als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) scheint geklärt. Die Bundesregierung werde eine Kandidatur des italienischen Notenbankchefs Mario Draghi unterstützen, sagte Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans gestern in Berlin. Damit machte die Bundesregierung den Weg für den 63-Jährigen an die EZB-Spitze frei. Die Regierung habe ihre Entscheidung nach entsprechenden Vorgesprächen auf nationaler und internationaler Ebene getroffen. Italien will Draghi laut Wirtschaftsminister Giulio Tremonti am Montag beim Treffen der Finanzminister der Eurogruppe offiziell ins Rennen schicken.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuvor erstmals ihre Bereitschaft signalisiert, Draghi im Herbst zum Nachfolger von Amtsinhaber Trichet zu küren. "Er steht unseren Vorstellungen von Stabilitätskultur und solidem Wirtschaften sehr nahe", sagte sie der Wochenzeitung "Die Zeit". Die CDU-Politikerin und der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi haben die Top-Personalie offenbar bei einem Telefongespräch am Dienstagabend entschieden. Die Nachfolge des Ende Oktober turnusmäßig ausscheidenden Trichets gilt als wichtigste Personalie dieses Jahres in Europa.

Neben seinem Heimatland Italien hatte sich auch Frankreich hinter Mario Draghi gestellt. Auch Spanien signalisierte bereits Sympathie. Draghi würde nach dem Niederländer Wim Duisenberg und dem Franzosen Trichet der dritte Präsident in der Geschichte der EZB. Deutschland hatte nach dem überraschenden Rückzug von Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber keinen eigenen Kandidaten für den EZB-Chefsessel.

Draghi, sagt ein EU-Diplomat, sei "schlicht der Beste, den Europa hat". Und als geldpolitischer Falke, der wachsam auf die Inflation blickt, teilt er Webers Position. Der frühere Spitzenbeamte, Investmentbanker und Professor steht seit 2006 an der Spitze der Banca d'Italia. Er gilt als souverän, fachlich exzellent und vor allem anti-berlusconisch zurückhaltend. Ob der zweifache Vater tatsächlich an die EZB-Spitze rückt, entscheidet sich endgültig im Juni beim EU-Gipfel.