Die Arbeitslosigkeit dürfte 2017 unter zwei Millionen sinken. Die Politik muss jedoch für bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen.

Berlin. Der Wunsch aller Arbeitnehmer könnte schon bald Realität werden. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hält eine Vollbeschäftigung in Deutschland bis 2015 für möglich. Als Voraussetzung dafür müsste die Politik allerdings für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen, die Einstellungschancen von Älteren verbessern und Geringqualifizierten mit Lohnzuschüssen unter die Arme greifen.

Gelingt dies, könnte die Arbeitslosenquote von derzeit 7,3 Prozent bis 2015 unter fünf Prozent sinken, sind die Hamburger Ökonomen überzeugt. Bei Quoten von zwei bis fünf Prozent sprechen Fachleute von Vollbeschäftigung. Bis 2017 könnte die Zahl der Arbeitslosen weiter von aktuell knapp 3,1 Millionen auf unter zwei Millionen sinken. Das HWWI-Gutachten "Wege zur Vollbeschäftigung" wurde im Auftrag für die Lobbygruppe Initiative Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt, die von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert wird. "Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und für die Vollbeschäftigung ist auch ein Kampf gegen den Fachkräftemangel", sagte HWWI-Direktor Thomas Straubhaar.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat die gute Lage am Arbeitsmarkt wiederholt als Jobwunder bezeichnet und sieht Deutschland ebenfalls auf dem Weg zur Vollbeschäftigung. Auch INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr bezeichnete die Chance auf Vollbeschäftigung als "so gut wie seit 30 Jahren nicht mehr". Dafür muss nach Ansicht des HWWI aber noch einiges geschehen. "Die Arbeitsmarktpolitik muss darauf fokussiert sein, Ältere so gut wie Jüngere, Frauen so gut wie Männer und Menschen mit Migrationshintergrund so gut wie Menschen ohne Migrationshintergrund in das Erwerbsleben zu integrieren", sagte Straubhaar. Dies dürfte zu mehr Teilzeitarbeit führen. Zudem müsse es mehr Weiterbildung für Jung und Alt geben. Straubhaar forderte eine Fortsetzung der moderaten Lohnpolitik, die zu einer besseren Wettbewerbsposition der Firmen beigetragen habe.

Um die Einstellungschancen Älterer zu verbessern, schlagen die Forscher vor, Löhne stärker an der Produktivität zu orientieren. Dies könnte zu geringeren Löhnen für Ältere führen, räumt das HWWI ein. Straubhaar begrüßte, dass durch die Hartz-Reformen der Kündigungsschutz weitgehend vom Alter entkoppelt worden sei. Nun dürfe es kein Gesetz mehr geben, bei dem Alter überhaupt noch eine Rolle spiele. Straubhaar plädierte dafür, die Mobilität von Jobsuchenden zu fördern. Allerdings werde dies dazu führen, dass einige strukturschwache Regionen "langsam ausbluten".