Deutsche-Bank-Chef kritisiert Reglementierung der Branche und verteidigt Griechenland-Kritik

Frankfurt. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann geht auf Konfrontationskurs zur Bundesregierung. Der Spitzenbanker, der jahrelang im Kanzleramt als Berater ein und aus ging, geißelte gestern auf der Hauptversammlung seines Hauses ungewöhnlich deutlich "Verbalattacken auf sogenannte Spekulanten und Politrhetorik". Der Schweizer fürchtet offenbar, dass der Einfluss der Branche auf die von der Politik gesetzten Spielregeln schwindet. Banker und Politiker müssten in einem engen Dialog die richtige Balance an Regulierung finden, forderte er.

Die Bundesregierung hatte zuletzt überraschend das Verbot hoch riskanter Börsengeschäfte im Alleingang durchgesetzt und die Finanzwelt damit gegen sich aufgebracht. Die Bankenbranche dürfe nicht zu stark reglementiert werden, forderte Ackermann. "Denn ohne das Kapital der Banken oder der Märkte stockt der Blutkreislauf der Wirtschaft." Zugleich sprach er sich gegen die Einführung einer Transaktionssteuer für Finanzprodukte aus.

In der Frankfurter Festhalle hatte Ackermann vor rund 5000 Aktionären ein Heimspiel: Für seine Politikschelte erhielt er ungewöhnlich langen Applaus. Kritik kam indes an der starken Abhängigkeit vom Investmentbanking, in dem die Deutsche Bank mehr als 90 Prozent ihrer Gewinne erzielt. "Das erinnert schon ein wenig an Roulette", monierte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Angesichts des wackligen Aufschwungs warnen auch Analysten vor Rückschlägen für die Deutsche Bank, die bis 2011 den Vorsteuergewinn auf zehn Milliarden Euro fast verdoppeln will. Ackermann bekräftigte das Ziel, signalisierte aber, dass von der Konjunktur wenig Rückenwind zu erwarten sein dürfte: "Der Wiederaufschwung der Weltwirtschaft bleibt anfällig für Erschütterungen."

Stärker als in den vergangenen Jahren zielte die Rede Ackermanns in Richtung Bundeshauptstadt, wo er für seine jüngst öffentlich geäußerten Zweifel an der Bonität Griechenlands in die Kritik geraten ist. Hierfür hat Ackermann nur Kopfschütteln übrig. Seine Aktionäre erwarteten Ehrlichkeit von ihm. Kritik aus dem politischen Raum müsse man gelegentlich aushalten. "Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass das, was die Deutsche Bank sagt, der Wahrheit entspricht", sagte er. Ackermanns Äußerungen zu Griechenland hatten den Euro weiter unter Druck gesetzt. Die Deutsche Bank selbst ist in dem Land kaum engagiert.

Das Verhältnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Ackermann ist politischen Kreisen zufolge in jüngster Zeit stark abgekühlt. Der Platz für ehrliche Berater sei noch relativ unbesetzt, soll sie neulich gesagt haben. Der Deutsche-Bank-Chef fordert dagegen von der Regierung, Experten der Finanzbranche besser zuzuhören und "mehr miteinander als übereinander zu reden". Schließlich sei die Schuldenkrise in Griechenland nicht von den Märkten verursacht worden. "Sie sind lediglich die Überbringer schlechter Nachrichten."