Hamburg. Im Hinblick auf die Wirtschaft gilt Afrika als vergessener Kontinent: Zwar leben dort knapp eine Milliarde Menschen, die 53 Staaten zusammen tragen aber nur mit zwei Prozent zur weltweiten Wirtschaftsleistung bei. "Allerdings sehen wir einen gewissen Aufholprozess", sagte Michael Bräuninger, Konjunkturchef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), bei der Vorstellung einer gemeinsam vom HWWI und dem Privatbankhaus Berenberg erstellten Studie zu den langfristigen Perspektiven Afrikas. So sei die dortige Wirtschaft seit dem Jahr 2000 schneller gewachsen als die Weltwirtschaft insgesamt, zudem sei Afrika von der Finanzkrise weniger stark betroffen gewesen.

Gemessen am Wachstum, dem Stand der Regierungsinstitutionen, der volkswirtschaftlichen Stabilität sowie Bildung und Gesundheit befinde sich Afrika laut der Studie in einer vergleichbaren Situation wie Südostasien vor 25 Jahren. Die Entwicklung dieser Region scheine auch für Afrika plausibel.

Größtes Hindernis auf diesem Weg dürfte nach Einschätzung von Bräuninger die mangelnde politische Stabilität sein - undemokratische Regierungen und Korruption sind noch immer weit verbreitet. Schon aus diesem Grund gebe es trotz des Ressourcenreichtums zahlreicher Länder weiter erhebliche Verteilungsprobleme, so Bräuninger: "Nigeria hat zwar ein hohes Einkommen aus Erdölexporten, aber 70 Prozent der Bevölkerung leben in Armut."

Diese Instabilität ist auch einer der Gründe dafür, dass sich Staaten außerhalb Afrikas mit Direktinvestitionen eher zurückhalten - abgesehen von China. "Die Chinesen haben offenbar weniger Skrupel, mit korrupten Regimes zusammenzuarbeiten", so Bräuninger. Zu den Staaten mit überdurchschnittlich guten Entwicklungsperspektiven zählt er Botsuana, das eine relativ stabile Demokratie aufweise und sich um eine Verbesserung der Infrastruktur bemühe, sowie Angola, eines der wachstumsstärksten Länder der Erde.

Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau erwartet nicht, dass andere Staaten des Kontinents von der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika in nennenswertem Umfang direkt profitieren können. "Ohnehin werden die volkswirtschaftlichen Effekte solcher Großveranstaltungen in der Regel überschätzt", so Quitzau. In diesem Jahr werde die WM das Bruttoinlandsprodukt Südafrikas um rund 0,5 Prozent steigern.