Verbandspräsident Patrick Adenauer fordert internationales einheitliches Vorgehen gegen die Finanzmärkte

Der Kölner Bauunternehmer Patrick Adenauer (49), Enkel des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, ist seit 2005 Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer, der rund 5000 Mitglieder vertritt.

Hamburger Abendblatt:

Herr Adenauer, die Bundesregierung und andere europäische Regierungen wollen eine Finanztransaktionssteuer einführen, um die Finanzwirtschaft an den immensen Kosten der Finanzmarktrettung zu beteiligen. Ist das der richtige Weg?

Patrick Adenauer:

Eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte ist ohne Zweifel nötig. Eine nationale Regelung macht aber wenig Sinn. Man muss schon die politische Kraft besitzen und das mindestens europaweit einführen, möglichst darüber hinaus. Ich halte es für wichtig, vor allem mehr Transparenz über die Aktivitäten von Finanzhändlern herzustellen. Die Quellen der Spekulation gegen den Euro etwa müssen deutlicher sichtbar gemacht werden. Und wir brauchen schärfere Eigenkapitalregeln für Finanzinstitute. Von jedem verbrieften Finanzprodukt muss die emittierende Bank mindestens zehn Prozent selbst halten. Damit bleibt genug Risiko in den eigenen Büchern. Das macht vorsichtiger.

Europaweit wäre eine solche Steuer Ihrer Meinung nach also wirkungsvoll?

Ob eine solche Steuer die Spekulation tatsächlich wirkungsvoll eindämmen würde, weiß ich nicht. Ich fürchte nur, dass die Mehrkosten wie bei jeder Steuer der Verbraucher zahlt.

Hier geht es aber nur um 0,01 Prozent des Umsatzwertes. Die Alternative wäre zum Beispiel eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf mehr als 20 Prozent.

Eine Transaktionssteuer wäre sicher das kleinere Übel. Höhere Mehrwertsteuern hielte ich für sehr schädlich. Gerade in dieser wirtschaftlichen Lage.

Wie beurteilen Sie das neue Verbot der deutschen Bankenaufsicht BaFin für ungedeckte Leerverkäufe?

Das ist eine richtige Entscheidung. Aber auch hier gilt, dass die Politik international vorgehen muss.

Ihr Landesvorsitzender für Hamburg und Schleswig-Holstein hat die dortigen Landesregierungen aufgefordert, dem Euro-Rettungsschirm im Bundesrat nicht zuzustimmen. Zu viele Fragen seien offen, die Lasten für spätere Generationen zu groß. Teilen Sie diese Haltung?

Ja, mit der Rettungsaktion versucht man, einen Waldbrand mit einem Gegenfeuer zu bekämpfen, ohne dass man vorher geprüft hat, aus welcher Richtung der Wind kommt. Vor allem die Anleger, die ja an den hohen Risikozinsen gut verdient haben, müssen an einer solchen Rettungsmaßnahme mit beteiligt werden. Dieser Euro-Rettungsschirm ist in Wahrheit die Bankenrettung II. Die richtige Vorgehensweise wäre gewesen, griechische Anleihen umzuschulden, inklusive eines Gläubigerverzichts. Die Banken werden jetzt ihre schlechten Griechenland-Anleihen in gute Euro-Anleihen umtauschen, also letztlich in Bundesanleihen. So bleibt das Problem bei der EU hängen und am Ende beim Steuerzahler.

Ist der Euro-Raum durch die Rettungsaktionen der Regierungen und der Europäischen Zentralbank beschädigt?

Die Nordländer haften jetzt für die Südländer. Dadurch gibt es schon eine neue Situation in der Euro-Zone. Die Maßnahmen waren teilweise unbedingt nötig. Die Krise zeigt aber eben auch die Konstruktionsfehler der Währungsunion. Etwa dass dort Staaten Mitglied sind, die nicht hineingehört hätten. Diese müssen jetzt durch schärfere Regeln zu mehr Solidität gezwungen werden.

Wie soll Deutschland seine hohen Staatsschulden von derzeit offiziell rund 1700 Milliarden Euro je wieder loswerden? Wäre eine "gelenkte" Inflation ein Weg?

Eine Inflation lässt sich nach meiner Einschätzung nicht lenken. Und speziell in Deutschland mit seinen schlimmen Inflationserfahrungen sollte man bei diesem Thema sehr vorsichtig sein.

Was muss passieren, damit der Staat nicht handlungsunfähig wird?

Ich halte ein konsequentes Sparprogramm für den einzig realistischen Weg. Es muss doch möglich sein, vom jährlichen Steueraufkommen ein oder zwei Prozent zu sparen und das gezielt mit zur Schuldentilgung zu verwenden. Jetzt können für rund ein Jahr keine Landtagswahlen mehr als Ausrede für politisches Handeln dienen.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) fordert, auch Ausgaben für Bildung und Forschung müssen diskutiert werden. Ist das nicht realitätsfern?

Es geht ja nicht einfach um weltfremde Kürzungen, sondern auch darum, ob Geld im heutigen Bildungssystem wirklich überall effektiv und mit bestem Nutzen investiert wird. Daraufhin muss man das Bildungssystem abklopfen. Die Forschungsförderung wiederum sollte nicht erhöht werden. Hier gibt es ausreichende Mittel. Ich kritisiere allerdings, dass man gleich den Etat der Bundesarbeitsministerin zur Tabuzone erklärt hat. Gerade bei Arbeitsmarktprogrammen gibt es Fehlsteuerungen und damit erhebliches Sparpotenzial.