Hamburg. Ein Hingucker ist er schon. Seit gestern ziert die fast original große Spitze des neuesten Airbus-Jets A350 den Stand der europäischen Flugzeugbauer auf der Messe Aircraft Interiors. 500 Unternehmen aus aller Welt sind dort und machen Hamburg noch bis Donnerstag zum Zentrum aller Neuheiten für die Flugzeugkabinen der Zukunft. Den ersten A350 mit seinem aus Kohlefaserteilen gefertigten Rumpf wird Qatar Airways zwar erst Mitte 2013 in Empfang nehmen. Doch Airbus-Kabinenchef Klaus Röwe hat das Innere der Maschine bereits vor Augen: "Wir beginnen jetzt mit der Abstimmung mit den ersten Kunden", sagte er.

Klar ist: Airbus will Passagieren möglichst viel Raum bieten, den die Fluggesellschaften für mehr Komfort oder zusätzliche Sitze an Bord nutzen können. So sind die Betten für die Piloten und die Servicecrews, die sich auf den bis zu 15 000 Kilometer langen Flügen abwechseln, vorn und hinten über den Sitzreihen angebracht. Ein breiterer Rumpfquerschnitt als beim Konkurrenten Boeing 787 Dreamliner soll den Passagieren mehr Bewegungsfreiheit bringen. "Wir haben festgestellt, dass breitere Sitze enger gestellt werden können, ohne dass die Fluggäste sich unbequemer fühlen", sagte Röwe.

Platz sparen an Bord soll zudem ein neues Küchensystem, das Airbus gestern vorstellte. Dabei sollen die herkömmlichen Trollys, mit denen Stewards und Stewardessen das Essen verteilen, durch leichtere, zusammenklappbare Wagen ersetzt werden. Der Clou: Die zum Verteilen benutzten leichten Plastikbehälter lassen sich über eine Art Lift an der Küchenzeile auch in Oberschränken absetzen. Der Platz für die alten, nicht zu hebenden, sperrigen Trollys würde dagegen frei. "Wir können das System innerhalb von 24 bis 30 Monaten liefern", versprach Kabinenmarketing-Chef Bob Lange.

Für bereits installierte Bordküchen stellte Lufthansa Technik gestern neue Notfallmarkierungen vor, die sich jetzt nicht mehr aus den festen Kunststoffböden hervorheben. Die nur noch 2,3 Millimeter flachen Streifen, die der Lufthansa-Ingenieur Christian Lierow entwickelt hat, gibt es in 15 Farben. So heben sie sich tagsüber kaum mehr von der Inneneinrichtung ab. Nachts dagegen leuchten alle Markierungen grün, um den Weg zu den Notausgängen zu weisen. "Wenn man die pro Meter 100 Euro teuren Streifen einbaut, ragt keine Markierung mehr aus den Küchenböden hervor", sagte Lierow.

Technologische Neuheiten für die Luftfahrt sollen künftig in Hamburg noch stärker vorangebracht werden. Dafür hat die Stadt im März 13,7 Millionen Euro an Investitionszuschüssen für das neue Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung bereitgestellt. Airbus und Lufthansa sorgten mit 1,5 Millionen Euro für die Anschubfinanzierung. "Geplant sind in Hamburg zwei Zentren, eines für Belastungstests und eines für die Weiterentwicklung von Technologien in der Kabine, für Brennstoffzellen oder Klimaanlagen", sagte Zentrumsgeschäftsführer Andreas Vahl. Sein Ziel: Regionale Luftfahrtfirmen mit internationalen Unternehmen zusammenzubringen, um Neuentwicklungen industriereif zu machen. Eine solche Zusammenarbeit, an der sich künftig auch Zentrumsmitarbeiter beteiligen sollen, sei für die Luftfahrt neu.

Das gilt auch für ein Produkt der Nürnberger Diehl-Gruppe, die im Juni den Hamburger Luftfahrtzulieferer Dasell mit 600 Beschäftigten übernehmen will. Diehl hat jetzt - ebenfalls platzsparend - eine verschiebbare Toilettenwand entwickelt. Vorteil für die Passagiere: Sie haben statt bisher 94 nun gut 134 Zentimeter Bewegungsfreiheit. Eine Verbesserung, die sich wohl jeder schon einmal gewünscht hat.