Niedriger Euro-Kurs belastet Autofahrer mit fünf Cent Mehrkosten pro Liter Sprit

Hamburg. Richard Arens, der New Yorker Spekulant, der am 4. Januar 2008 den Rohölpreis erstmals auf mehr als 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) in die Höhe treiben konnte, dürfte mit der jetzigen Preisentwicklung des schwarzen Rohstoffs unzufrieden sein. Denn von der 100-Dollar-Marke ist die Preisnotierung inzwischen weit entfernt. Wegen der Schuldenkrise in Europa dümpelt die US-Ölsorte WTI bei rund 71 Dollar pro Barrel. Selbst die europäische Sorte Brent, die in der Nordsee gefördert wird, kostet mit gut 76 Dollar weit weniger als noch vor vier Wochen, als das Fass bei mehr als 84 Dollar notierte. Zwar haben sich die Preise für Brent und WTI gestern minimal erholt, aber an der Gesamttendenz zu fallenden Preisen ändert dies wenig. "Ein erneuter Rückgang unter 70 Dollar ist wahrscheinlich", sagte gestern Commerzbank-Analystin Barbara Lambrecht. Der irakische Ölminister sieht trotz der fallenden Preise derzeit jedoch kein Überangebot an den Ölmärkten.

"Die Spekulanten dachten in jüngster Vergangenheit, dass der Ölpreis immer weiter steigt. Aber dann kam die Schuldenkrise in Europa. Sie führte dazu, dass die Märkte jetzt von einem sinkenden weltweiten Ölverbrauch ausgehen", begründet Klaus Matthies, Rohstoffexperte des Hamburger Wirtschaftsinstituts HWWI, den aktuellen Preisverfall. Er werde durch die Tatsache verschärft, dass die Öllagerbestände in den USA sehr hoch seien. Die Amerikaner horten Öl, weil sie zum jetzigen Zeitpunkt keinen hohen Verkaufspreis erzielen können. Zudem setzen die Spekulanten inzwischen vermehrt auf sinkende Ölpreise - ein Fakt, welcher die Abwärtsspirale noch weiter nach unten befördert.

Während etwa für Autofahrer in den USA der Benzinpreis wegen der niedrigen Rohölkosten gesunken ist, müssen die Deutschen derzeit mehr Geld an den Zapfsäulen bezahlen. Denn der Euro-Kurs ist wegen der Schuldenkrise in Europa stark gefallen. "Ohne die Euro-Schwäche würde der Liter Superbenzin heute fünf Cent weniger kosten", so Matthies. Seine Berechnungsgrundlage ist der 20. April, also ein Zeitpunkt, zu dem die Griechenland-Krise langsam öffentliche Aufmerksamkeit erregte. Damals musste man für einen Euro noch 1,35 Dollar bezahlen, gestern waren es 1,24 Dollar. Die Autofahrer haben derweil mit ständig wechselnden Preisen an den Tankstellen zu tun. Während am Sonnabend ein Liter Superbenzin in Hamburg noch 1,47 Euro kostete, verlangte die Shell-Tankstelle an der Rothenbaumchaussee Sonntagabend 1,39 Euro und gestern 1,45 Euro.

Matthies sieht auch in naher Zukunft keine Anzeichen für deutlich höhere Ölpreise. "Ich rechne erst für Ende des kommenden Jahres mit einer Marke von 80 Dollar pro Barrel." Und selbst dann wäre der Preis noch weit entfernt von seinem bisherigen Allzeithoch im Sommer 2008, als das Fass mehr als 140 Dollar kostete.