14 Städte sind noch unentschieden. Es geht um bis zu 140 Millionen Euro. Auch elf Hamburger Filialen bangen

Hamburg/Duisburg. Der Protest hat gewirkt. Mit plakativen Sprüchen wie "Duisburg schafft neue Arbeitslose - Glückwunsch" oder "Vielen Dank für Hartz IV" waren Hunderte zum Rathaus der Ruhrgebietsstadt gezogen. Sie protestierten gegen den Entschluss des Stadtrats, Karstadt keinen Steuernachlass zu gewähren - und so Verkauf und Sanierung der insolventen Kaufhäuser zu gefährden.

Offenbar haben die Duisburger Politiker erst dadurch erkannt, welch weitreichende Entscheidung sie Anfang der Woche getroffen haben. Unter dem Druck der Öffentlichkeit entschloss sich der Ältestenrat, am Freitag, dem 21. Mai, eine nicht-öffentliche Sondersitzung des Rates einzuberufen. Auf Initiative von Oberbürgermeister Adolf Sauerland werde dann möglicherweise eine erneute Abstimmung zum Thema Karstadt beschlossen, sagte Sprecher Frank Kopatschek dem Abendblatt.

Bislang ist Duisburg die einzige betroffene Stadt, die sich ausdrücklich gegen den Steuererlass für Karstadt ausgesprochen hat. 14 weitere Kommunen haben bislang noch keine Entscheidung getroffen oder angekündigt, die Steuerforderung lediglich stunden zu wollen. Hamburg soll nach Angaben der Insolvenzverwaltung nicht darunter sein. Weder Wirtschafts- noch Finanzbehörde gaben am Freitag auf Anfragedes Abendblatts eine Stellungnahme dazu ab. "Zu Angelegenheiten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, äußern wir uns grundsätzlich nicht", hieß es aus der Finanzbehörde.

Bis zum 25. Mai muss die Entscheidung aller Kommunen in einer schriftlichen Erklärung vorliegen. "Bundesweit geht es um eine Steuerforderung, die zwischen 120 und 140 Millionen Euro liegt", sagt Thomas Schulz, Sprecher des Insolvenzverwalters. Auf welche Summen einzelne Städte verzichten müssen, könne nicht berechnet werden. "Das ist eine Bilanzgeschichte, die nur auf dem Papier steht." Es handelt sich um eine "hypothetische Gewerbesteuer", bei der keine tatsächlich erwirtschafteten Erträge, sondern Sanierungsgewinne besteuert werden. Nur weil Beschäftigte, Vermieter und Lieferanten im Rahmen des Insolvenzplans auf 97 Prozent ihrer Forderungen verzichten, würde Karstadt wieder schwarze Zahlen schreiben und müsste darauf Gewerbesteuern zahlen. Tritt der Insolvenzplan aber nicht in Kraft, kommt es nicht zu dem Gläubigerverzicht. Damit wäre auch die Grundlage der Steuerforderungen hinfällig.

Sollten weniger als 90 der 94 betroffenen Kommunen dem Erlass zustimmen, gerät laut Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg der Erhalt der 120 Karstadt-Filialen, darunter elf in Hamburg, in Gefahr. Das Essener Amtsgericht will am 31. Mai endgültig den Insolvenzplan beschließen. Sollte bis dahin nicht zusätzlich die Unterschrift eines Investors unter einem Kaufvertrag vorliegen, kann der Plan nicht in Kraft treten. Der Warenhauskette droht dann die Zerschlagung.