Bundeskanzlerin wirbt für deutsche Hilfe über 123 Milliarden Euro. Union und FDP signalisieren Zustimmung, SPD noch unentschieden

Berlin. Es war mal wieder ein Tag der Sondersitzungen im Berliner Regierungsviertel. Am Morgen beschloss das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für den neuen Rettungsschirm für den Euro, an dem sich Deutschland mit 123 Milliarden Euro beteiligen soll. Am Nachmittag tagten die Fraktionen, um sich von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) über Details informieren zu lassen. Er hatte den erkrankten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Wochenende vertreten, als die EU-Minister in einer Nachtsitzung die Finanzhilfen beschlossen hatten. Das Gesamtpaket mit Garantien und Krediten der EU und des Währungsfonds IWF umfasst 750 Milliarden Euro. Zeit für intensive Beratungen bleibt aber - ähnlich wie im Fall der Notkredite für Griechenland - kaum. Der Bundestag soll das neue Gesetz möglichst schon nächsten Freitag beschließen.

Die Regierungsfraktionen von Union und FDP signalisierten bereits Unterstützung für das hektisch geschnürte Rettungspaket. Ob sich diesmal aber die oppositionellen Sozialdemokraten zu einer Zustimmung durchringen können, ließ deren Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gestern offen: "Jetzt etwas zum Abstimmungsverhalten der SPD zu sagen, wäre verfrüht."

In der vergangenen Woche war die Zustimmung der Sozialdemokraten im Bundestag zu den Griechenland-Hilfen am Streit um die von der SPD im Gegenzug geforderte Einführung einer Finanztransaktionssteuer gescheitert, die vor allem die FDP vehement ablehnt. Peter Altmaier, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass es diesmal gelingen könne, die SPD mit ins Boot zu holen. In dem Gesetz sei nämlich auch eine "angemessene Aussage zur Regulierung der Finanzmärkte" enthalten. Allerdings warne er davor, sich an einzelnen Punkten festzubeißen, da es ums große Ganze gehe. Damit meinte er offenbar die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer, an der die SPD festhält. Steinmeier hatte gesagt: "Dafür werden wir weiter streiten." Die Finanzmärkte müssten ihre Beiträge leisten, es dürften nicht allein die Steuerzahler belastet werden. Der Auftrag, die Einführung einer solchen Steuer auf internationaler Ebene zu prüfen, sei schließlich auch in dem EU-Beschluss vom Wochenende enthalten.

Genau das brachte aber gestern manchen Liberalen in Rage, als de Maizière in der FDP-Fraktion auftauchte. Etliche hatten sich mit der Abschluss-Erklärung des Euro-Krisengipfels bewaffnet und wollten vom "Ersatz-Finanzminister" wissen, wie er dem habe zustimmen können.

De Maizière argumentierte, er habe Schlimmeres in dem Papier sogar verhindern können. Unklar aber bleibt die Linie der Kanzlerin, mit der de Maizière während der Verhandlungen ständig in Kontakt gestanden haben soll. Zu Zeiten der Großen Koalition mit der SPD hat sich Merkel für eine Transaktionssteuer ausgesprochen. Inzwischen, heißt es, strebe sie aber eine eher schwächere Lösung nach dem Modell des Internationalen Währungsfonds (IWF) an, bei der nur Bankengewinne und Gehälter besteuert werden (Finanzaktivitätssteuer).

Der Chefhaushälter der FDP, Otto Fricke, kritisierte die vielen offenen Fragen: "Wir müssen nicht alles mitmachen." Auch in der Unionsfraktion war die Stimmung schon mal besser: Einige murren, man verscherbele gerade das Erbe von CDU-Altkanzler Helmut Kohl und seinem CSU-Finanzminister Theo Waigel - den stabilen Euro und die unabhängige Zentralbank. Kanzlerin Merkel konterte vor den Abgeordneten, es gehe um die "Zukunftsfähigkeit" Europas, und warb um Zustimmung.