Die Bundesbürger sind wegen der Euro-Krise verunsichert. Verliert die Währung weiter an Wert? Experten raten zum Hauskauf.

Hamburg. Die Sorge um den Euro verunsichert nicht nur Politiker, sondern macht auch Manager und private Anleger immer nervöser. Die Talfahrt der jungen Währung gegenüber dem Dollar beeinflusst die Bilanzen der Unternehmen, und die zig Milliarden Euro schweren staatlichen Hilfsprogramme befördern die Furcht vor hohen Inflationsraten. Viele Menschen haben Angst vor Geldentwertung und bangen um ihr Erspartes, ihre Altersvorsorge. Hinzu kommen die Kurseinbrüche an den weltweiten Börsen, die das Vermögen zahlreicher Aktionäre haben zusammenschmelzen lassen.

Schwacher Euro sorgt für hohe Benzin- und Heizölpreise

Im Dezember 2009 musste man für einen Euro 1,51 Dollar bezahlen. Mittlerweile sind es nur noch rund 1,27 Dollar. Und die Talfahrt dürfte anhalten, wie Experten im Gespräch mit dem Abendblatt sagten. Michael Bräuninger, Konjunkturchef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), hält einen Kurs von 1,20 Euro in den kommenden Monaten für realistisch. Er kann sich aber auch ein paritätisches Wechselkursverhältnis vorstellen. Dann wäre ein Euro nur noch einen Dollar wert. "Die Entwicklung halte ich aber nicht für dramatisch. Denn der niedrige Eurokurs kurbelt vor allem die Exportindustrie an", so Bräuninger. Insbesondere Deutschland als wichtigstes Ausfuhrland der Euro-Zone könnte davon profitieren. Mittelfristig sieht der Volkswirt den Kurs zwischen 1,20 und 1,30 Euro. Denn aus seiner Sicht werden in den kommenden Jahren die Probleme der US-Wirtschaft, vor allem das hohe Leistungsbilanzdefizit, offensichtlich. Dies schade dem Dollar.

In den kommenden Wochen und Monaten müssen die deutschen Autofahrer und Hausbesitzer wegen der Euro-Schwäche allerdings mit höheren Benzin- und Heizölpreisen rechnen. Denn die Energieträger werden in Dollar abgerechnet. Schon in den vergangenen Wochen haben sich die Preise an den Zapfsäulen auf einem vergleichsweise hohen Niveau eingependelt. So kostete am bislang teuersten Tag des Jahres - dem 30. April - der Liter Superbenzin im Schnitt 1,469 Euro.

Die Inflationsraten in der Euro-Zone dürften deutlich steigen

Mit Blick auf die Euro-Krise sorgen sich die Deutschen zunehmend um ihr Geld. 52 Prozent der Bundesbürger haben nach einer aktuellen Umfrage Angst davor, dass es eine Inflation gibt, wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf eine Emnid-Umfrage berichtete. Besonders groß sei die Sorge bei den Rentnern, 63 Prozent der Menschen über 65 Jahre erwarteten einen Anstieg der Preise. Auf die Frage, ob Deutschland eine Rückkehr zur D-Mark prüfen sollte, antworteten dem Bericht zufolge 59 Prozent der befragten Bundesbürger mit Ja. Jeder dritte Deutsche glaubt der Umfrage zufolge, dass es den Euro in zehn Jahren nicht mehr geben wird.

Banken- und Börsenexperte Wolfgang Gerke teilt die Sorgen der Bürger vor Preissteigerungen. "Das Risiko einer Inflation besteht", sagte er dem Abendblatt. Bis 2013 könnten seiner Ansicht nach die jährlichen Preissteigerungen in der Euro-Zone zwischen drei und vier Prozent liegen. Derzeit beträgt die Inflationsrate rund 1,5 Prozent. Grund für die Gefahr einer Geldentwertung sei die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittlerweile auch "Ramschanleihen" aus Griechenland als Sicherheit akzeptiert. Dadurch werde das Geldangebot massiv ausgeweitet.

Bereits vor einigen Monaten hatte der Präsident des HWWI, Thomas Straubhaar, vor Inflationsraten zwischen fünf und zehn Prozent gewarnt. Seine Begründung: Nur auf diesem Weg könnten sich die defizitären Euro-Länder ihrer immensen Schulden entledigen.

Vorsicht beim Einstieg in den Aktienmarkt ist geboten

Nicht nur die Kleinsparer machen sich Sorgen um ihr Geld, sondern auch die Aktionäre. So stand der Deutsche Aktienindex (DAX), der die 30 wichtigsten Werte bundesweit abbildet, noch Ende April bei mehr als 6300 Punkten. Am vergangenen Freitag lag das Börsenbarometer bei nur noch 5715 Zählern - ein Rückgang in rund zwei Wochen um mehr als neun Prozent. Börsenexperte Gerke rät Anlegern zur Vorsicht. "Die Lage ist momentan viel zu unübersichtlich. Aktionäre sollten lieber abwarten." Trotz des Rückgangs der Kurse hält Gerke einen Einstieg oder Zukauf für verfrüht.

"Die Anlagen auf den Spar-, Tages- und Festgeldkonten sind sicher", sagte der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel dem Abendblatt. Der Preis dafür seien aber die vergleichsweise niedrigen Zinsen, die derzeit von den Sparkassen und Banken gezahlt würden. Deshalb sollten sich die Anleger nicht zu lange binden. Bankenexperte Gerke rechnet damit, dass die Sparzinsen in drei Jahren wieder auf fünf bis sechs Prozent steigen könnten. Auch bei den Lebensversicherungen sieht Manfred Poweleit vom Branchendienst Map-Report die "niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt als größte Herausforderung". Die Überschussbeteiligung, die den Versicherten jährlich auf den Sparanteil des Beitrags gutgeschrieben wird, liegt derzeit durchschnittlich bei 4,22 Prozent, der sichere Garantiezins bei mageren 2,25 Prozent. Dafür haben die Lebensversicherungen aber kaum in Wertpapiere aus den von der Schuldenkrise betroffenen Ländern investiert, zu denen neben Griechenland auch Italien, Portugal und Irland zählen. Zum Problem könnten allerdings die Investments in spanische Anleihen werden. Denn auch Spanien ist hoch verschuldet und wird von den Finanzexperten kritisch beobachtet.

Immobilien in guten Lagen als Inflationsschutz

Den Kauf eines selbst genutzten Wohnhauses oder einer Eigentumswohnung hält Gerke derzeit für eine gute Entscheidung. Denn die Hypothekenzinsen sind auf einem historisch niedrigen Niveau. So muss man für eine Finanzierung über zehn Jahre im besten Falle effektiv weniger als 3,5 Prozent zahlen. "Immobilien-Interessenten sollten sich deshalb möglichst langfristig binden", so Gerke. Makler empfehlen den Kauf von Immobilien in attraktiven Wohnlagen mit einer guten Anbindung an Großstädte. Denn hier sei die Wertbeständigkeit am höchsten.

In den vergangenen Monaten hat auch die Nachfrage nach Gold als vermeintlich sichere Geldanlage angezogen. Die Feinunze notiert derzeit bei mehr als 1200 Dollar. Im Sommer 2009 lag der Preis bei rund 900 Dollar - ein Plus von 33 Prozent. Gerke sieht das Investment in Gold aber eher skeptisch. Denn der Preis für das Edelmetall sei volatil. So könnte die Unze schnell wieder deutlich an Wert verlieren. Experten raten zu einem Goldanteil von zehn Prozent an der gesamten Anlagesumme. Allerdings sollte man beim Kauf von Münzen oder Barren die anfallenden Aufbewahrungskosten bedenken.