Bußgeld in Höhe von 120 000 Euro verhängt. Auch Supermärkte geraten ins Visier

Hamburg. Viel mehr als die Strafzahlung selbst dürfte die Postbank der entstandene Imageschaden schmerzen. Der nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Ulrich Lepper hat am Freitag gegen die größte deutsche Privatkundenbank ein Bußgeld in Höhe von 120 000 Euro verhängt. Er ahndete damit, dass die Bank bis vor einem halben Jahr freiberuflichen Handelsvertretern für Vertriebszwecke den Zugriff auf die Kontodaten der Postbank-Kunden ermöglicht hatte.

"Die Postbank ist damit eindeutig zu weit gegangen", sagte Lepper. Kontobewegungen seien sehr sensible Daten, die viel über unsere Lebensweise verraten. "Diese Daten dürfen weder von Banken und erst recht nicht von Handelsvertretern für Werbezwecke ausgewertet werden." Die Rechtslage, die durch das Bundesdatenschutzgesetz geregelt ist, sei in diesem Fall eindeutig. Seine Behörde habe sich für eine Strafe im oberen Bereich entschieden: "Bei fahrlässigen Verstößen sind Bußgelder von bis zu 150 000 Euro möglich."

Bank verzichtet auf Widerspruch gegen Geldstrafe

Ein Medienbericht hatte im vergangenen Oktober den Stein ins Rollen gebracht. Das Finanzmagazin der Stiftung Warentest prangerte darin das Gebaren von Postbank-Vermittlern an, die Senioren im Alter von 77 Jahren Bausparverträge verkauft hatten.

Am nächsten Tag meldete sich ein Mitarbeiter der Postbank bei dem Magazin. Dort konnte man kaum glauben, was der Mann erzählte: Die 4000 Vermittler, die freiberuflich für die Vertriebsfirma des Postbank-Konzerns arbeiten, hätten Zugriff auf sämtliche Daten von allen 14 Millionen Kunden. Unter anderem auch auf die Kontobewegungen von Werner Brinkmann, dem Vorstand der Stiftung Warentest, und anderen bekannten Deutschen. Offensichtlich sollten so den Kunden passende Finanzprodukte zielsicher verkauft werden.

Diese Zeiten sollen jetzt vorbei sein. Gemeinsam mit der Datenschutzaufsichtsbehörde seien Maßnahmen zur Verbesserung des Datenschutzes umgesetzt worden - "trotz unterschiedlicher Bewertung der Vorgänge", teilte die Postbank mit. Die Berater können demnach schon seit Anfang November nicht mehr auf Konten der Bankkunden zugreifen. Auch werde man keinen Widerspruch gegen das Bußgeld einlegen. Weniger schmallippig hatte sich der Vorstandschef der Postbank, Stefan Jütte, im Februar geäußert und sich entschuldigt. Während der Bankchef von "einigen schwarzen Schafen" sprach, sehen Kritiker allerdings ein systematisches Problem beim deutschen Datenschutz.

So fordern die Beauftragten der Bundesländer schon seit Langem eine Nachbesserung der Gesetze, die kaum auf die Herausforderungen der digitalen Welt eingestellt sind. "In den vergangenen Jahren sind viele große deutsche Unternehmen mit Verstößen gegen den Datenschutz aufgefallen - das deutet daraufhin, dass auch bei anderen Firmen noch viel zu tun ist", formuliert Datenschützer Lepper vorsichtig. Seiner Erfahrung nach sind viele Menschen zwar sensibilisiert, was etwa die Überwachung am Arbeitsplatz oder Zusendungen von unerlaubter Werbung angeht. Beim Thema Internet fehle das Bewusstsein bei den meisten allerdings.

Klage gegen Famila wegen Umgangs mit Kundendaten

Gegen einen anderen Missbrauch von Kundendaten kämpft derweil der Bundesverband der Verbraucherzentralen: Der Verband hat Klage gegen die Supermarktkette Famila beim Landgericht Kiel eingereicht, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Die Verbraucherschützer werfen Famila vor, von den Kunden zweifelhafte Einwilligungen zur Weitergabe von Kontodaten einzufordern. Betroffen seien diejenigen Verbraucher, die mit EC-Karte bezahlen.

"Weil sie mit ihrer Unterschrift bezahlen, stimmen die Verbraucher der Datenweitergabe in der Regel zu, ohne es zu wissen", sagte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert dem Sender NDR Info. Auch weitere Handelsfirmen wie Rewe oder Penny forderten auf den Kassenzetteln ähnliche Einwilligungen ein. "Dieses Verfahren ist nicht akzeptabel."

Die Vorwürfe wies Famila zwar zurück - stellte aber noch am selben Tag das Zahlungssystem mit der EC-Karte um. "Wir haben in allen Filialen auf eine Zahlung mit Geheimnummern umgestellt", sagte Famila-Sprecherin Bärbel Hammer. "Wir möchten nicht, dass ein Musterprozess gegen uns geführt wird. Und wir möchten unsere Kunden nicht verunsichern."