Wie Hedgefonds den Euro unter Druck bringen - und warum es der Europäischen Zentralbank nicht gelingt, den Markt zu beruhigen

Hamburg. Sie sind selten über 40 Jahre alt, sie sitzen vor einem mit Zahlen übersäten Monitor - und sie bewegen auf Tastendruck manchmal 100 Millionen Euro: Die Geschäfte von Devisenhändlern in Frankfurt, London, New York und Tokio haben dafür gesorgt, dass der Kurs der Gemeinschaftswährung zuletzt drastisch gefallen ist, nun sogar kurzzeitig unter die Marke von 1,27 Dollar.

Angesichts der Marktturbulenzen wählt Deutschlands oberster Finanzaufseher, BaFin-Chef Jochen Sanio, ebenso drastische Worte: Derzeit werde "von Spekulanten ein Angriffskrieg gegen die Euro-Zone geführt". Sie hätten mit Zockereien im Fall von Griechenland bereits bis zu 500 Prozent Gewinn eingefahren, nun könnten sie Spanien und Portugal ins Visier nehmen.

Kanzlerin Merkel will durchgreifen: Die Spekulanten sind unsere Gegner

Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), versuchte gestern die äußerst nervösen Märkte zu beruhigen. Mit einer Staatspleite Griechenlands rechne er nicht, sagte Trichet: "Ein Zahlungsausfall steht für mich außer Frage." Auch befürchte er nicht, dass die Krise auf weitere Euro-Länder übergreift: "Portugal und Griechenland sitzen nicht im selben Boot. Und Spanien ist auch nicht Griechenland." Den Abwärtstrend des Euro konnte der EZB-Chef mit seinen Äußerungen jedoch nicht stoppen.

Immer wieder ist der Kursrutsch in den vergangenen Monaten mit den Aktionen von Spekulanten in Zusammenhang gebracht worden. "Die Spekulanten sind unsere Gegner", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern. Sie nannte es einen Skandal, dass Hedgefonds, von denen die meisten aus dem angelsächsischen Raum kommen, noch immer keiner Regulierung unterliegen. Hinter einem dieser Fonds steht der US-Investor George Soros.

Er ist der lebende Beweis, dass Spekulationen gegen eine Währung grundsätzlich wirksam sein können: Soros hatte im Jahr 1992 gegen das britische Pfund gewettet - mit Erfolg. Großbritannien musste das Europäische Währungssystem verlassen, Soros soll damals mehr als eine Milliarde Dollar verdient haben.

Eines der klassischen Instrumente der Hedgefonds, mit denen sie von sinkenden Kursen profitieren können, sind sogenannte Leerverkäufe, wie sie auch Soros damals nutzte: Er lieh sich am Devisenmarkt gegen Gebühr etliche Milliarden Pfund und verkaufte sie sofort in der Hoffnung, sich kurz vor dem festgelegten Rückgabetermin zu einem niedrigeren Kurs wieder eindecken zu können. Die Rechnung ging auf, nicht zuletzt weil die milliardenschweren Verkäufe den Pfund-Kurs drückten.

Doch Experten haben große Zweifel, ob dies auch im Fall des Euro funktionieren kann. 3000 Milliarden Dollar werden im Devisenhandel täglich bewegt, ein Vielfaches des Wertes an realen Gütern - und ein Drittel des Volumens entfällt allein auf Geschäfte zwischen Euro und Dollar.

"Das ist der größte Finanzmarkt, den es gibt, ein paar einzelne Spekulanten könnten ihn kaum bewegen", sagt ein Insider dem Abendblatt. Ron Resnick, früherer Geschäftsführer des Hedgefonds Highbridge Capital, hat es noch deutlicher ausgedrückt: "Nicht einmal Gott allein könnte den Euro-Markt bewegen." Allerdings zögen Großanleger in großem Stil Risiko aus dem Euro-Raum ab, heißt es bei einer Hamburger Bank. Es handele sich eher um ein "massenpsychologisches Phänomen", meint ein Fachmann: "Der Dollar hat derzeit den Status als sicherer Hafen, aber auch der Schweizer Franken hat massiv an Wert gewonnen."

Gleichwohl sind spekulative Motive vor dem Hintergrund der Schuldenkrise mit im Spiel. "Es gibt aber eine Form der Spekulation, die nur vorwegnimmt, was früher oder später ohnehin kommt, indem sie absehbare Probleme erkennt und nutzt", sagt Rolf Drees, Kapitalmarktexperte bei der WGZ Bank. Dabei verhalte sich ein Spekulant "wie ein Löwe, der um die Herde der Gnus herumschleicht - er sucht das schwächste". Und der schwächste Staat der Euro-Zone ist aktuell Griechenland.

Kreditausfallversicherungen und ihre unheilvolle Rolle

Tatsächlich ist es für Hedgefonds sogar einfacher, direkt gegen Griechenland zu spekulieren als gegen den Euro, was indirekt aber auch den Kurs der Gemeinschaftswährung drückt. Als Mittel dafür dienen die sogenannten Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS). CDS sind Finanzinstrumente, die von Investmentbanken verkauft werden und die dem jeweiligen Besitzer eine Entschädigung garantieren, wenn Griechenland den Schuldendienst auf bestimmte Anleihen einstellen sollte. Steigt der Wert dieser Versicherungen stark an, weil Hedgefonds sie zu spekulativen Zwecken ankaufen, dann wird dies am Finanzmarkt als Anzeichen gewertet, dass ein Staatsbankrott Griechenlands wahrscheinlicher wird. Die Folgen: Die Nachfrage nach den CDS zieht erst recht an - und die Griechen müssen auf neue Anleihen noch höhere Zinsen zahlen.