Hollywood feierte wieder die Mutter aller Filmpreise. Wie aus einem kleinen Abendessen eine Show von Weltformat wurde

Die Oscar-Gala mit ihren Ritualen – vom roten Teppich über das Öffnen der Briefe mit den Namen der Preisträger bis hin zu deren Dankesreden – ist nicht nur die Urmutter aller Preisverleihungen weltweit. Sie ist oft besser inszeniert als jedes Drehbuch, mit ihren menschlichen Dramen, dem von Stylisten durchgeplanten Erscheinungsbild der Stars, der Schauspielerkür mit Tränen, Emotionen und neidvollen Blicken. Perfektes Kino also – obwohl das ja alles nur Fernsehzuschauer sehen können.

Der Erfinder der Oscar-Verleihung, Louis B. Mayer, hätte sich die Entwicklung der Werbeveranstaltung für die Filmindustrie nicht schöner vorstellen können. Die allererste Gala im Mai 1929 war ein Abendessen, Spannung gab’s nicht, die Oscar-Gewinner hatte man drei Monate zuvor bekannt gegeben. Die Preisverleihung dauerte fünf Minuten. Bis 1944 bestand die Oscar-Verleihung aus diesem Abendessen, einer Art Privatparty der Filmmoguln, bei der die Studiobosse Louis B. Mayer und Adolph Zukor sich auch mal im Armdrücken versuchten.

Die ursprüngliche Form der Oscar-Feierlichkeiten änderte sich 1958. Für die Gewinner und die Entourage der Filmbosse veranstaltete man nach der Verleihung den ersten Governor’s Ball, auf dem die Damen um die Wette strahlen, die prominenten Herren auf den Putz hauen und alle 1600 geladenen Gäste ausgiebig tanzen konnten. Seitdem heißt es dabei sein und gesehen werden. Wer hier eingeladen ist – so lautet die Botschaft –, kann auch beim nächsten großen Filmprojekt mitmachen. Deshalb hungern die Damen Wochen zuvor und buhlen darum, mit den tollsten Kleidern, dem teuersten Schmuck ausgestattet zu werden.

Film kann zwar große Kunst sein, ist aber in der Hauptsache ein Geschäft. Ein Sieg bei den Oscars bedeutet an der Kasse durchschnittlich Mehreinnahmen von 50 Millionen Dollar. Wahrscheinlich ist es mit den Oscars wie mit den Literaturnobelpreisen: Sie sind immer für eine Überraschung gut und längst nicht immer gerecht. Ob in diesem Jahr „Birdman“ oder „Boyhood“ besser sind, entscheidet jedenfalls jeder Zuschauer allein.