Am tollen Tag der Politik entdeckt der deutsche Volksvertreter die Rampensau in sich. Und dann ist wieder Schluss mit lustig

So manches aus dem bayerischen Brauchtum erreicht Weltgeltung. Das Oktoberfest zum Beispiel. Selbst in norddeutschen Kantinen gibt es dann wochenlang Haxen, Leberkäse und Weißwürste. Gastwirte hängen überall weiß-blaue Fähnchen auf und versuchen in jenen tollen Tagen, Bier aus Gläsern im Format kleiner Garteneimer an Mann und Frau zu bringen.

Die Gaudi ist dabei natürlich nicht annähernd so groß wie in den Festzelten auf der Münchner Theresienwiese. Nichts schlägt eben das Original. Das gilt auch für den politischen Aschermittwoch. Wie das Oktoberfest einst aus einer Veranstaltung mit landwirtschaftlichem Hintergrund hervorgegangen und entsprechend mit Bauernschläue und Stammtischhumor gesegnet, hat der Brauch flächendeckend und parteiübergreifend um sich gegriffen. Dabei leidet mittlerweile selbst das CSU-Original unter gewissen Auszehrungserscheinungen. Ein Seehofer ist eben kein Strauß, und ein Stoiber ist jenseits dieser Veranstaltung mit seiner ungelenk-unfreiwilligen Komik wesentlich unterhaltsamer als bei seinen Auftritten in Passau.

Ganz zu schweigen von den Epigonen aus den anderen Parteien. Die trauen sich zwar dann, wenn die eigentlichen tollen Tage vorbei sind, den jeweiligen politischen Gegner öffentlich aufs Korn zu nehmen und auch mal Knalltüte oder Versager zu nennen. Da ist dann zwar für jeden etwas dabei. Warum aber tun sie das nicht auch die restlichen 364 Tage im Jahr? Politik könnte wieder mehr Interesse erwecken – vorausgesetzt, die Protagonisten arbeiten noch ein wenig an ihren darstellerischen und rhetorischen Fähigkeiten.

Doch wenn die Kanzlerin im noch nie als Epizentrum des Frohsinns aufgefallenen vorpommerschen Demmin in die Bütt tritt, ist endgültig Schluss mit lustig. Selbst am Aschermittwoch. Aber da soll ja auch alles vorbei sein.