Angeblich ist Juist der sonnenreichste Ort im Land. Trotzdem verregnete der Sommerurlaub.

Es gibt Zahlen, die erschüttern selbst Hartgesottene: So musste ich neulich entsetzt zur Kenntnis nehmen, dass mein vierjähriger Sohn 105 Liter Bier im Jahr trinkt und seine kleine Schwester gar 1055 Zigaretten und 46 Zigarren raucht. Zudem sitzen beide 13 Stunden in der Woche vor dem Fernseher und essen 31 Kilo Süßigkeiten im Jahr. Bevor nun aber das Jugendamt oder die Supernanny morgen dreimal klingelt, sei der Zusatz erlaubt: "nur statistisch". Denn hier handelt es sich um Durchschnittswerte eines Durchschnittsdeutschen. Das alles konnte meine tiefe Zuneigung zu Statistiken und Zahlen bislang nicht erschüttern. Schließlich lügt die Mathematik nicht.

Doch nun ist eine Statistik auf dem Markt, die absolut unglaubwürdig ist. Der Wetterdienst Meteomedia hat verlauten lassen, das sonnenreichste deutsche Plätzchen des vergangenen Jahres finde sich weder im verwöhnten Baden noch im meteorologisch bessergestellten Vorpommern, sondern angeblich auf - Juist. 1983 Stunden, so die Sonnenstundenzähler, habe sich der Stern über der Nordseeinsel gezeigt.

Als Journalist mit profunder Vor-Ort-Recherche weiß man sofort, dass es sich bei dieser Meldung um eine klassische Ente handeln kann. Vermutlich sollte es heißen, die Sonne habe im Gesamtjahr 1983 Minuten auf Juist geschienen, vielleicht aber auch, sie habe sich zuletzt 1983 dort gezeigt. Oder noch realistischer - im vergangenen Jahr fielen 1983 Liter Regen pro Quadratmeter Juister Dünensand. Wir haben dort eine Woche Sommerurlaub verbracht, in der das miserable Wetter sich von Urlaubstag zu Urlaubstag noch zu verschlechtern wusste und sich die Temperaturen der Färöer mit den Regenmengen Amazoniens kombinierten. Glauben Sie bloß keiner Statistik!