Ivor Spencer macht den Diener. In der besten Butler-Schule der Welt bringt er seinen Schülern bei, wie man Hoheiten begrüßt, Champagner serviert und die Zeitung bügelt.

Mit dem größten Vergnügen, Königliche Hoheit. Zu Ihren Diensten, Sir. Gewiss, mein Lord. Darf es noch etwas sein?" Sieben Männer und zwei Frauen schreiten gemächlich um einen Tisch und wiederholen in Sprechchören monoton die Anweisungen ihres Lehrers Ashley Powell (45). Ihre Kleidung ist makellos, ihr Blick ohne Regung. Auf dem Kopf balancieren sie jeweils ein Glas, in den Händen halten sie ein Silbertablett. Darauf eine Magnum-Flasche, natürlich Edel-Champagner. Willkommen in der Elite-Butler-School von Ivor Spencer.

"Die erste und die erfolgreichste Butler-Schule der Welt", wie Spencer bereitwillig erklärt. Spencer, der "König der Butler", wie er schon mal betitelt wurde, hat das Lehrinstitut 1981 gegründet, seitdem mehr als 400 Butler ausgebildet und an die Mächtigen und Reichen rund um den Erdball vermittelt. Gleich mehrere seiner früheren Absolventen dienen heute bei der britischen Königsfamilie, mit der Spencer persönlich gut bekannt ist. "Einer meiner Schüler arbeitet bei Prinz Charles als Butler", erzählt Spencer nicht ohne Stolz.

Das Journal besuchte Spencers Butler-School bei London. Eine herrschaftliche Villa, 15 Zug-Minuten von Victoria Station entfernt. Der 82-jährige Schuldirektor sitzt am Tisch und beobachtet seine Schüler. Wie sie gerade mit dem Schampus und den Tabletts im Kreis schreiten, die Anweisungen seines Vize-Direktors Powell wiederholen. "Versuchen Sie, geschmeidig zu gehen", ermuntert Powell die Schüler, "ja, gleiten Sie. Dabei die Brust hoch, die Ellenbogen angelegt, die Daumen bitte nicht aufs Tablett legen, zeigen Sie Selbstbewusstsein." Ivor Spencer lobt seine Zöglinge: "Exzellent."

Sechs Wochen dauert der Kursus, acht Stunden am Tag, sechs Tage, manchmal auch mehr. Ein Kursus, der die Teilnehmer um jeweils gut 5376 britische Pfund - 7600 Euro - ärmer macht. Aber mit ziemlicher Sicherheit später um einen Butler-Job reicher, wenn sie die Butler-Schmiede überstanden haben. Zwei Teilnehmer hat Spencer früher mal hinausgeworfen. "Nach zwei Tagen. Der eine hat sich nur für Urlaub interessiert, der andere nur für Luxus", sagt der Grandseigneur der Diener-Ausbilder. Seine Butler lernen, wo man handgemachte Schuhe und Hemden kaufen kann, worauf man dabei achten muss; werden geschult in teuersten Uhren- und Automarken, erfahren, welche Kaviar-, Wein- oder Zigarrensorten es zum Beispiel gibt. Oder: Wie man einen Bentley so sanft fährt, dass die Herrschaften hinten ihren Champagner nicht verschütten. Und: Welche die richtige Anrede ist.

Spencer will es wissen. Unvermittelt spricht er einen der Schüler an, die sich inzwischen wieder an den Tisch gesetzt haben. "Stellen Sie sich vor, ich sei die Queen: Good morning." Die Antwort des Butlers in spe kommt umgehend: "Good morning, Her Majesty." Ihre Königliche Hoheit? Spencer ist zufrieden, lobt: "Sehr gut."

Warum sie Butler werden wollen? Die neun Schüler geben höflich Auskunft. Sie kommen aus Großbritannien, Südafrika, den USA, aus Belgien und Italien, Japan. "Ich arbeitete im Sicherheitsdienst", sagt Harold S. Rose. Er ist 43 Jahre alt, Amerikaner und sagt freimütig: "Butler sein macht mir Spaß. Ich verspreche mir dadurch auch ein besseres Leben." Oder: Markus Ian Jack, er ist 30, derzeit in der Army. "Man kann eine Menge Erfahrungen machen als Butler, die man sonst wohl nicht macht." Auch für den Engländer Phillip Mark Kitcher stand der Berufswunsch fest: "Ich wollte schon mit 16 Butler werden, ein Traum von mir." Luigi Fratelli aus Italien arbeitete in der Hotellerie, zuletzt in einem Nachtclub. "Man lernt als Butler viele neue Leute kennen, es wird wohl nie langweilig", sagt er.

Die Britin Caron Dixon ist 38 Jahre alt, hat drei Kinder und ein Jura-Examen. "Das kann ich vielleicht mal gebrauchen", sagt sie und lächelt. Sie hofft, auch mit ihren Kindern einen Butler-Job zu bekommen.

Butler, das ist ein Beruf, um den sich Glamour rankt: Bis zum Zweiten Weltkrieg war Butler eine schlecht bezahlte Lebensstellung für arme Proletarier. Rund 30000 gab es in Großbritannien einmal. Nach dem Krieg war ihre Gattung vom Aussterben bedroht. Doch: Längst sind sie wieder im Kommen. Anfang der 80er-Jahre gab es um die 70 in Großbritannien, inzwischen schätzt Spencer die Zahl auf weit als das Doppelte. Ihr Verdienst: von 30000 britischen Pfund an aufwärts. Dazu kommen Krankenversicherung, Logis, Kost frei, ein Auto zum Fahren, bisweilen auch teure Geschenke.

Gründe, warum Butler im Trend sind, gibt es einige: Reiche wollen so mehr Zeit für Beruf, Familie oder Freizeit haben, oder Butler schlicht als Statussymbol. In den USA oder in Saudi-Arabien zum Beispiel.

Spencer war selber mal einer, bevor er zum Lehrer wurde. Und: Er ist zudem in den Diensten der Königsfamilie als "Life President of the Guild of International Toastmasters". Toastmaster ist in England ein Organisator großer gesellschaftlicher Ereignisse, der zudem Redner und wichtige Gäste mit lauter Stimme vorstellt. Mehr als 100 solcher königlichen Anlässe hat Spencer schon gestaltet.

Sonst kümmert Spencer sich um seine Butler-Kaderschmiede. "Auch nach Deutschland vermitteln wir immer wieder Butler", sagt Spencer. Namen? Er lächelt, mag er nicht nennen, Diskretion. Dafür erfahren wir aus der Schulbroschüre, wie ein typischer Butler-Tag aussieht: um sechs Uhr aufstehen, Arbeitgeber wecken. Morgengetränk bringen, Badewasser einlassen, nach den Frühstückswünschen fragen. Der Arbeitgeber solle zwei Garnituren von Kleidung vorfinden, die der Butler schon am Vorabend herausgelegt hat. Danach kümmert er sich um Lieferungen, Einkäufe sonstige Aufgaben. Alle Mahlzeiten werden vom Butler selbst oder unter seiner Aufsicht zubereitet.

Der Butler als Vertrauensperson, Freund der Familie, der alles weiß, alles mitkriegt. Diskretion, Zuverlässigkeit, Diplomatie, das sind die Kern-fähigkeiten eins Top-Butlers. Aber längst sind die Butler mehr als devote Jasager: Dienen ja, aber nicht unterwürfig sein, ist das Motto, das in der Spencer-School gelehrt wird. Butler müssen weitere Aufgaben erledigen: Reisen und Geschäftstermine organisieren. "Sie sind die Manager des Haushaltes", sagt Ivor Spencer, "oft verwalten sie Budgets, die denen eines mittleren Unternehmens entsprechen."

Es ist Abend geworden, ein Quiz steht auf dem Lehrprogramm. Die Butler-Anwärter bilden zwei Gruppen. "Wann wurde der englische Afternoon Tea eingeführt?" fragt einer. Ein anderer antwortet, distinguiert: "Im Jahr 1840." Spencer nickt, auch diese Übung ist mit Bravour erledigt. Schnell werden noch Zeitungen ausgepackt und gebügelt, ein Klassiker bei Spencers Lehrstunden, damit die Herrschaften sich die Finger nicht schmutzig machen an der Druckerschwärze. Wo ihre Butler-Grenzen wären? "Keine Drogen, nichts Illegales würde ich tun", sagt ein Schüler höflich, und die anderen nicken. Für wen sie später mal arbeiten wollen? "Nicht für einen Popstar", antwortet Luigi Fratelli spontan. Ein anderer meint: "Für Sie, Mr. Spencer." Da lächelt der 82-jährige Ivor Spencer milde. Und charmant ergänzt er: "Für mich? Ich kann mir Sie dann nicht mehr leisten."