In diesem Monat beginnt für viele Jugendliche die Ausbildungszeit. Lehrlinge wagen den ersten Schritt in den neuen Job. Abendblatt-Redakteurin Anne Dewitz testet die beliebtesten Ausbildungsberufe und solche, die noch freie Stellen haben. Heute: die Restaurantfachfrau.

Willkommen in der Herbertstraße. So begrüßt mich Herbert Scherra und bittet galant hinter den Tresen. Dieser steht aber nicht auf der Reeperbahn, sondern im Literaturhauscafe am Schwanenwik. Der Restaurantfachmann arbeitet seit 17 Jahren in der prachtvollen denkmalgeschützten Villa an der Alster. 1889 ließ der Kaufmann Adolph von Pein einen Ballsaal an seine Stadtvilla bauen. Seit mehr als zehn Jahren finden hier Veranstaltungen zur zeitgenössischen Literatur statt.

Herbert Scherra zeigt mir, wo die Getränke stehen und wie die Kaffeemaschine funktioniert - nämlich per Knopfdruck. Für einen Capuccino drücke ich den Knopf mit der Aufschrift Capuccino. Für einen Milchkaffee den Knopf für Milchkaffee. "Prinzip verstanden", denke ich. Die wahre Kunst besteht dann allerdings darin, die Milch aufzuschäumen. Herbert ist mit dem Ergebnis zufrieden und veredelt das Häubchen kunstvoll mit Kakaopulver. Fertig ist der Cappuccino im Streifenlook.

Der Beruf der Restaurantfachfrau erfordert natürlich mehr, als nur den richtigen Knopf einer Kaffeemaschine zu drücken. Speisen und Getränke müssen serviert, Serviceabläufe organisiert, Räume und Tafeln dekoriert, Veranstaltungen und Festlichkeiten ausgerichtet werden. Die Gläser müssen blitzblank poliert und die Getränkekühlschränke aufgefüllt sein. Ist ausreichend Geschirr und Besteck vorhanden? Das natürlich auch blank und blitzend. Die Brotkörbe hergerichtet? Die Arbeit muss gesehen werden. Und das Lächeln nicht vergessen. Auch wenn einem vielleicht gar nicht danach zu mute ist.

"Spaß am Beruf und am Umgang mit Menschen sollte man schon mitbringen", sagt Anke Schwan. Die gelernte Hotelfachfrau bildet im Literaturhauscafe die Lehrlinge aus. Sie führt mich in den wunderschönen Festsaal, um mir zu zeigen, wie man einen Tisch für ein Drei-Gänge-Menü eindeckt.

Sie macht sich an den ersten Platz und erklärt, worauf es ankommt: Die Serviette liegt schräg vor dem Gast. Die geschlossene Seite zeigt zu ihm. Um die Serviette herum wird das Besteck gelegt, daumenbreit von der Tischkante entfernt. Messer rechts, Gabel links. Suppenlöffel neben das Messer, Brotteller dicht neben die Gabel. Darauf kommt das kleine Brotmesser, dessen Spitze auf der Höhe der Gabelzinken enden soll. Dessertgabel und Löffel liegen oberhalb der Serviette, und zwar so, dass der Kellner sie beim Servieren des Nachtischs am Stiel herunterziehen kann - den Löffel nach rechts und die kleine Gabel nach links.

Beim zweiten Gedeck bin ich dann gefragt. Hunderte Male habe ich schon einen Tisch eingedeckt. Was man dabei alles falsch machen kann, war mir nicht klar. Die Gläser müssen diagonal gestellt werden und mit dem gegenüberliegenden Gedeck abgestimmt sein. "Das ist wichtig für die Harmonie", sagt Anke Schwan. Ein prüfender Blick verrät: alles auf Linie.

Draußen regnet es in Strömen. Drinnen ist es ruhig. Nur wenige Tische sind besetzt. Die Lautstärke, die in dem großen Saal sonst herrschen muss, lässt sich nur erahnen. Bei dem Wetter bleiben die Menschen wohl lieber zu Hause.

Bleibt Zeit, um Servietten zu brechen. Das ist Fachjargon und heißt falten. Demnach heißen Falten eigentlich Brüche. Aber nur, wenn sie sich in Servietten und Tischdecken befinden. Unter den Augen bleiben immer noch Falten. Beim Brechen sollen die Servietten so wenig wie möglich berührt werden. Der Hygiene wegen. Auf ausgefeilte Falttechniken muss man dann allerdings verzichten.

Anke Schwan und ich stehen an der Bar. Im Hintergrund läuft im Fernseher die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele. Doch dafür habe ich jetzt keinen Blick. Ich konzentriere mich auf das aufgeschlagene Stück Stoff, das vor mir auf dem Tresen liegt. Und auf die flinken Handgriffe von Anke Schwan. Mit spitzen Fingern greife ich die Ecken und schlage die Serviette ein paar Mal zu einem Viereck um. Kein Kunstwerk, aber saubere Arbeit.

Was eine Restaurantfachfrau noch können muss, möchte ich wissen. "Zum Beispiel ein Tablett tragen", sagt Anke Schwan. Und hält schon eins für mich zum Üben bereit. Vorsichtig rücke ich mir die Getränke auf dem Tablett zurecht. "Am Besten alles gleichmäßig verteilen", denke ich und werde eines Besseren belehrt. Der Schwerpunkt muss zum Körper hin verlagert werden. Dann mit beiden Händen anheben und mit der linken Hand ausbalancieren. So kann es nicht kippen, und mit der rechten Hand kann ich die Getränke servieren. Allerdings bleibt es bei der Trockenübung. Schließlich ist wirklich niemandem damit gedient, wenn ich das Tablett über einem Gast wieder abdecke.

Auch die Auszubildenden üben erst einmal "trocken", wie sie drei Teller auf einmal tragen. Dann kann es schon mal vorkommen, dass sie mit Schüsseln und Tellern, die mit Wasser gefüllt sind, die Treppen hinauf- und hinunterlaufen. Ganz so trocken bleibt es dabei doch nicht.

Diese Hürde müssen sie dann irgendwann auch mit einem Teller Suppe nehmen können. Denn im ersten Stock, der Beletage, finden in den drei Salons auch Tagungen, Seminare und private Feste statt. Dann gehört zu ihren Aufgaben, alles vorzubereiten, Teilnehmer mit Getränken und kleinen Snacks zu versorgen oder einer Hochzeitsgesellschaft einen Sekt-Empfang zu bescheren. Für Abwechslung im Job ist also gesorgt. Der Job hat viele Vorteile. "Man kann in jedem Land und in jeder Stadt weiterarbeiten", sagt Anke Schwan. Und in allen Serviceabteilungen eines Hotels.

"Jeder, der den Beruf ergreifen möchte, sollte sich aber auch darüber im Klaren sein, dass Überstunden, Sonntags- und Feiertagsarbeit und unregelmäßiger Schichtdienst zum Alltag gehören", sagt Anke Schwan. Dazu kommt, dass in der Gastronomie oft schlecht bezahlt wird. Nicht jeder ist für diese Aufgabe geschaffen. Ein Praktikum verschafft Klarheit.

Auf jeden Fall hat der Beruf weit mehr zu bieten, als nur wunde Füße und durstige, oft nörgelnde Gäste. Die sind mir nämlich aus meiner Studentenzeit und dem Nebenjob im Biergarten sehr lebhaft in Erinnerung.