Keine Talkshows mehr. Die ehemalige niedersächsische Wirtschaftsministerin ist heute eine engagierte Hausfrau.

Hamburg. Sie habe sich selbst privatisiert - mit diesem Satz hat sie sich vor fast zehn Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Und zwar konsequent. Keine Interviews mehr, keine Talkshows, keine politischen Stellungnahmen. Auch wenn es ihr anfangs noch manchmal in den Fingern gejuckt habe, sagt Birgit Breuel Komma Hausfrau.

Und irgendwie scheint auch ein guter Schuss Ironie in diesem lapidar klingenden Satz zu liegen. Als ehemalige Chefin der Treuhandgesellschaft, deren Aufgabe es war, DDR-Staatseigentum zu privatisieren, wusste sie um die Probleme, die mit dem kleinen Wörtchen "privatisieren" verbunden waren. Nein, nein, sagt sie. Bei ihr sei der Entschluss aus dem Inneren gewachsen, unterstützt von ihrer Familie habe sie es geschafft - und durchgehalten. Es habe ihr bestens gefallen. Und tue es heute noch. Ihr Privatleben sei aber tabu. Punkt. Aus. Aber über ihre Stiftung könnten wir gerne reden.

Und das tun wir dann auch. Bei einer Tasse Kaffee in ihrem gemütlichen Haus in Rissen. Auf dem Couchtisch eine aufgereihte Herde silbern schimmernder Elefanten. Ein Hobby ihres Mannes Ernst-Jürgen Breuel. Gesammelt auf der Reise durch Birma mit Freunden, während derer sie ganz spontan mit den anderen zusammen eine Schule gestiftet haben. Für das kleine Dorf Kyu Tepn Thar. Der Blick geht aus dem Fenster bis hinunter an die Elbe. An den bunten Tulpen vorbei und der alten Birke, die fast zur Familie gehört.

Vor zehn Jahren haben Birgit Breuel und ihr Ehemann zum Andenken an ihren 1990 an Krebs gestorbenen jüngsten Sohn Philip die gleichnamige Stiftung gegründet. Der Sohn hatte als Künstler den Traum, mit Kindern aus sozialen Brennpunkten künstlerisch zu arbeiten. Egal, ob mit Migrationshintergrund oder ohne. Kinder aus Familien, in denen die Eltern ihre Verantwortung nicht ausreichend wahrnehmen können oder wollen, sagt sie, die Unterstützung brauchen, um ihre Chancen zu nutzen. Daraus sei die Idee der KKK, der KinderKunstKlubs, entstanden, die heute mehr als 450 Kinder betreuen. In kleinen Gruppen, in denen getanzt, musiziert, gemalt und Theater gespielt wird. Jetzt ist noch Trommeln und Werken hinzu gekommen, um auch Jungs mehr einzubinden. Birgit Breuel erzählt von Kindern, die nahe der Elbe wohnen und noch nie am Fluss waren. Von Haushalten, in denen schon das Pünktlich-zur-Schule-Kommen für die Kinder zur Anstrengung und Leistung wird. Wie einsam solche Kinder sein können, sagt sie.

Fast alles machen Birgit Breuel und ihr Mann selbst: Organisation, Buchhaltung, Einladungen für Veranstaltungen. Wie zu der im März in der Nienstedtener Kirche, zu der auch der damals amtierende Bundespräsident Horst Köhler und seine Frau Eva Luise nach Hamburg kamen. Ellenlange Protokollvorschriften wurden vorab aus Berlin geschickt. Einer armen Hausfrau wie mir, sagt sie in gespielter Verzweiflung. Und erzählt von ihrem Vergnügen, sich dann doch darüber hinwegzusetzen. Zum Abholen der Gäste aus dem gegenüberliegenden Hotel Jacob habe sie ihre Schwiegertöchter und die Enkelkinder geschickt. Zum großen Vergnügen der Köhlers. Im Protokoll war das Ehepaar Breuel für diese Aufgabe vorgesehen.

Sie scheint ganz gern ein bisschen gegen den Strom zu schwimmen. Als zweites von fünf Kindern der Hamburger Bankiers- und Kaufmannsfamilie Münchmeyer studierte sie nach einem kurzen Abstecher in ein Bankpraktikum dann doch lieber politische Wissenschaften. Politische Verantwortung zu übernehmen, gehörte in dieser strengen, hanseatischen Großfamilie dazu. Nicht unbedingt für Frauen allerdings. Und sie erzählt von dem Herrenessen anlässlich des 70. Geburtstags ihres Vaters, des Bankiers Alwin Münchmeyer. Alles, was Rang und Namen hatte, war geladen. Die Ehefrau des Gastgebers saß mit bei Tisch. Die anderen weiblichen Familienmitglieder durften erst zum Mokka dazu stoßen. Auch sie, Birgit Breuel, die gerade frisch gekürte niedersächsische Ministerin. Da muss man seinen Vater schon sehr lieben, um einen solchen Unsinn mitzumachen, sagt sie lachend.

Das Thema Gleichberechtigung streifen wir noch. Die Diskussionen, die sie in ihrem Umfeld in Hannover darüber führte. Und die einmal im Satz eines Mitarbeiters gipfelten: Frauen gehören nicht hierher. Sie kriegen Kinder. Dass seine Chefin Mutter von drei Söhnen war, das hatte er wohl nicht drauf.

Dann springt Birgit Breuel auf, kommt mit einem Poster zurück. Ihre sonst so norddeutsch spröde Stimme wird plötzlich hell und leicht, als sie von der Ausstellung im Kindermuseum Klick in Osdorf erzählt, in der ihre KKK-Kinder Werke zum Thema "Wild und kunterbunt" zeigen. Was dabei herauskommt? Keine Ahnung, sagt sie. Aber es sei spannend. Wunderbar. Dann, an der Haustür, weist sie darauf hin, dass diese nach außen aufgehe und mit Vorsicht zu behandeln sei ...