Krimi aus Brasilien

Die Erkenntnis, dass es nicht nur im angloamerikanischen Sprachraum und in europäischen Ländern gute Kriminalschriftsteller gibt, hat sich erst langsam durchgesetzt. Verdienst daran gebührt vor allem der Metro-Reihe des Unionsverlags. Die hat den Kriminalroman als literarische Gattung auf der globalen Landkarte auch in Ländern geortet, die für nicht wenige Krimileser bislang als terra incognita galten. Einer der Autoren, die in dieser Reihe platziert sind, ist Rubem Fonseca. Der Brasilianer, 1925 geboren, schreibt keine klassischen Kriminalromane im Sinne einer konventionellen, routiniert die Spannung schürenden Entwicklung des Plots. Zwar gibt es zu Beginn seines Romans mit dem ein wenig sperrigen, gleichwohl programmatischen Titel "Grenzenlose Gefühle, unvollendete Gedanken" auch eine Tote, doch dann kommt vieles anders. Fonseca erzählt die Geschichte eines Filmregisseurs, der in einen Juwelenschmuggel gerät, verfolgt wird, nach Berlin flieht und in ein Spiel gerät, das Fonseca meisterhaft auf mehreren Ebenen inszeniert. Parallel zur kriminalistischen Handlung stellt der Autor die Lebensgeschichte des russischen Autors Isaak Babel, dessen eines Werk der Ich-Erzähler verfilmen soll. Beide Erzählstränge verwebt Fonseca mit den Träumen seines Helden, so dass die Geschichte beständig die Handlungsplateaus wechselt - literarisch souverän changiert Fonsecas Text zwischen Illusion und Realität. Das Netz, das er derart vielschichtig webt, nimmt jeden Leser gefangen. (Volker Albers)

  • Rubem Fonseca: Grenzenlose Gefühle, unvollendete Gedanken. Deutsch von Karin von Schweder-Schreiner, Unionsverlag, 288 Seiten; 9,90 Euro.